Der Fall Tower

Der Senat will Präsident Bush die Grenzen zeigen  ■ K O M M E N T A R E

Für Senatoren ist die Gelegenheit günstig, noch offenstehende Rechnungen mit einem ehemaligen Kollegen zu begleichen, der sie häufig reingelegt hat. Und nicht nur das: Es könnte sogar Bush an den Kragen gehen. Aber wie schon zu Reagans Regentschaftszeiten, traut sich die demokratische Kongreßmehrheit auch jetzt nicht, den Präsidenten direkt anzugreifen. Sein langjähriger Freund hingegen bietet eine ideale Zielscheibe. Wein, Weib und Drogen dienen in Washington schon seit langem als Anlaß, unerwünschten Politikern den Garaus zu machen. Aber Tower hat noch mehr zu bieten. Er ist in Verruf geraten, bestechlich zu sein, schließlich ließ er sich jahrelang von der Rüstungsindustrie aushalten. Wie kann einem Mann mit solch einem Lebenswandel das verantwortungsvolle Amt des obersten Aufrüsters übergeben werden? Als Architekt von Reagans Rüstungswahn Anfang der 80er Jahre wäre er im Grunde für diesen Job prädestiniert.

Senatoren wie der Rüstungsexperte Nunn sorgen sich jedoch, daß Tower jetzt zu angeschlagen ist, um noch seinen Mann stehen zu können. Schließlich geht es in diesen für das Pentagon harten Zeiten um nichts Geringeres als um die Fortführung von Reagans Traum, die Sowjets niederrüsten zu können. Trotz abgespeckter Ressourcen sollen im Rahmen der sogenannten Wettbewerbsstrategie die Rüstungsbereiche vorangetrieben werden, in denen die USA führend sind. Das ehrgeizige Projekt bedarf eines harten Managers, der sich weder von der Rüstungslobby noch von den Oberkommandierenden der Streitkräfte über den Tisch ziehen läßt wie Vorgänger Weinberger.

Letztlich ist das ungewöhnliche Verhalten der Senatoren ein Signal an Bush: „Deine Macht ist begrenzt.“ Wie groß der Spielraum des neuen Präsidenten ist, wird sich zeigen, wenn er die Nachfolger der drei Obersten Richter nominiert, die in nächster Zeit aus Altersgründen ausscheiden werden. Hardliner, wie Reagan sie noch durchsetzen konnte, wird der neue Senat nicht mehr hinnehmen.

Michael Fischer