Zeitungsbeteiligungen wieder offen

■ Der ostdeutsche Zeitungsmarkt schien so gut wie aufgeteilt, da meldet sich die Treuhandanstalt

Berlin (taz) — Die Treuhandanstalt mausert sich zum Schreckgespenst für westdeutsche Unternehmen. Jetzt ist es den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen erschienen, die im Osten der Republik bereits ihre Claims abgesteckt hatten, unter ihnen Giganten wie Bauer, Springer oder Gruner + Jahr. Der Markt schien über Beteiligungen an elf ostdeutschen Regionalzeitungen weitgehend aufgeteilt, in einigen wenigen Fällen stand nur noch das stirnrunzelnde Bundeskartellamt im Wege.

Nun enthüllt die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ ('FAZ‘), die selbst an einigen Tageszeitungen der früheren Blockparteien beteiligt ist, die überraschende Tatsache, daß „keine der interessierten Zeitungen und Verlage aus der Bundesrepublik bisher Anteile an dem jeweiligen Ost- Kooperationspartner oder einen Rechtsanspruch auf Übernahme erworben hat“. Die Verlage konnten sich ausrechnen, daß sie es neben ihrem Kooperationspartner im Osten auch noch mit der Treuhandanstalt zu tun haben würden.

Spätestens seit vergangenem Frühsommer, gibt die 'FAZ‘ zu, sei klar gewesen, daß die Treuhandanstalt Eigentümerin sämtlichen ehemals volkseigenen Vermögens und damit auch der volkseigenen Zeitungen werden würde und insofern eine Übernahme nur über sie erfolgen könnte. Bislang sei mit zwei Ausnahmen keine Übernahme formal korrekt geregelt worden.

Zur eigenen Überraschung des Hauses Rohwedder bestehen in der Tat bei den bislang getätigten Beteiligungen westdeutscher Verlage an ostdeutschen Zeitungen lediglich Kooperationsverträge. Es bleibe für ihn ein Phänomen, zitiert die 'FAZ‘ den stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt, Otto Gellert, daß westdeutsche Verlage investiert hätten, ohne wirklich Eigentümer zu sein.

Aus formaljuristischen Gründen sehe sich die Anstalt jetzt gezwungen, die elf ostdeutschen Regionalzeitungen mit einer Gesamtauflage von rund sieben Millionen Exemplaren zur Privatisierung auszuschreiben. Die bereits aktiven „Alt-Investoren“ dürfen sich neu bewerben, ohne allerdings damit rechnen zu können, aufgrund ihrer Vorleistungen begünstigt zu werden. Zumindest offiziell soll jeder Bewerber, „auch andere Verlage, die sich bei der Treuhandanstalt gemeldet haben“, eine faire Chance erhalten.

Beim Hamburger Bauer-Verlag, Hauptgewinner der bisherigen Marktaufteilung im Osten, hat die Vorstellung, ihre „mit großem personellen und finanziellen Einsatz geförderten Kooperationen“ wieder aufgeben zu müssen, heftigen Schrecken ausgelöst. Wenn alle Investitionen zurückgedreht würden, rechnet nicht nur der Bauer-Verlag „mit einem außerordentlich komplizierten Verfahren der Rückentwicklung“. Barbara Geier