Nicht an Zufälle glauben

■ Ein Gespräch mit Ralf Bartholomäus über das Ende der Galerie »Weißer Elefant«

Am Montag melden sich Ulrike Stöhring und Ralf Bartholomäus auf dem Arbeitsamt Berlin-Mitte. Der Überleitungsvertrag der beiden für die Arbeit der Galerie »Weißer Elefant« verantwortlichen Kunsthistoriker ist ohne erfolgte Überleitung abgelaufen. Damit scheint das Ende einer der innovativsten DDR-Galerien besiegelt. Die taz sprach mit Ralf Bartholomäus über die Hintergründe.

taz: Seit wann gibt es die Galerie Weißer Elefant und wem unterstand sie?

Bartholomäus: Die Galerie wurde 1987 eröffnet. Vorausgegangen waren jahrelange Bemühungen junger Künstler im VBK um eine eigene Galerie. Diese wurden gekrönt durch einen Magistratsbeschluß und den Auftrag an das Büro für architekturbezogene Kunst zu Aufbau und technisch- organisatorischer Betreuung dieser Galerie.

Wie sahen eure Arbeitsmöglichkeiten bis zum Herbst 1989 aus?

In den Monaten und Jahren nach der Eröffnung gab es ständig Einsprüche bis zum Ausstellungsverbot und Zensur von Katalogtexten durch den Stadtrat für Kultur oder den Vorstand des VBK. Leider hat auch der Direktor des BfK, Dieter Klein (jetzt kulturpolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, d.R.), in permanenter Überschätzung seiner Funktion eine unrühmliche Rolle dabei gespielt. Noch kurz vor der »Wende« hat auch Wolfram Seyfert, der 1. Sekretär des Berliner VBK, »konstruktive Gegenvorschläge« zum eingereichten Galerieprogramm gefordert. Auf die hatten wir uns schon gefreut, aber dann kam der Herbst 89. Trotz aller Repressalien war die Galerie so etwas wie ein Sammelbecken für Protestpotential und eine Möglichkeit, künstlerisches Selbstverständnis außerhalb der offiziellen Kulturdoktrin zu fundieren. Daraus ergab sich auch die Konzentration auf Ausdrucksformen wie Rauminstallation und Performance, mit denen politische oder sozialkritische Aussagen an der Zensur vorbeimanövriert werden konnten.

Auch die Galerie war als Einrichtung des Büros für architekturbezogene Kunst von dessen im Herbst 1990 beschlossener Abwicklung betroffen. Wie ging es dann weiter?

Seit feststand, daß das BfK abgewickelt werden sollte, hat sich das Kulturamt Mitte um eine Übernahmer der Galerie bemüht. In einem Brief vom 13. Dezember 1990 an den Bezirkskulturrat Uwe Dähn hat die damalige Kulturstadträtin, Dr. Irana Rusta, dieser Zuordnung zugestimmt und einen entsprechenden Antrag der benötigten Mittel bei der Finanzverwaltung bestätigt. Die Mitarbeiter dieser Galerie bekamen daraufhin vom Senat einen Überleitungsvertrag vom Senat für ein halbes Jahr (mit Wirkung vom 15. Dezember). Weiterhin hat Herr Prochnow, amtierender Direktor des BfK am 5.4. 1991 in einem Brief an Herrn Sticht von der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten die Übertragung der drei Arbeitsstellen für die Galerie zum Bezirksamt Mitte beantragt. Auf keinen der Anträge liegt dem Kulturamt bisher eine Antwort vor. Die befristeten Arbeitsverträge enden mit dem 14. Juni 1991.

Hat euch der Senat mitgeteilt, warum er sich nicht an Frau Rustas Zusage hält?

Über die Motive der Senatsverwaltung kann man nur spekulieren, da von dort keine konkrete Auskunft kommt. Im Unterschied zu früheren Zeiten, in denen man sich persönlich gegen solches Vorgehen wehren konnte, bleibt jetzt alles anonym und undurchdringlich. Allerdings kann man auch nicht an Zufälle oder Schlampigkeit glauben, sondern muß vermuten, daß sehr wohl System dahinter steckt, wenn die Substanz im gesamten Spektrum der Kultur von Ost-Berlin zerstört wird. Nach Auskunft des »Aktionsrates gegen Abwicklung« der IG Medien ist bei einer berechtigten Klage — wenn Leute aus einer Einrichtung abgewickelt werden, die eigentlich weiterbesteht — in ungefähr einem halben Jahr mit Ergebnissen zu rechnen.

Was wollt ihr jetzt machen, um die Galerie zu erhalten?

Die Mitarbeiter der Galerie werden sich am kommenden Montag auf dem Arbeitsamt melden. Zur Erhaltung der Galerie wollen wir den Berliner Künstlern anbieten, unsere Räume in Selbstverwaltung zu übernehmen, die wir mit organisieren werden. Am kommenden Dienstag, den 18. Juni, wird die Galerie genau vier Jahre alt. Zu ihrer Eröffnung hat Herr Stadtrat Hartenhauer es sich nicht nehmen lassen, persönlich mit einer Rede aufzutreten, was viele der Anwesenden als höchst peinlich empfanden. Wir fragen Herrn Roloff- Momin, ob er sich nicht einen ähnlichen Auftritt zur Schließung der Galerie leisten möchte. Das Gespräch führte A. Meier.