Jelzin will Union — notfalls ohne Ukraine

Moskau/Kiew (dpa/afp) — Der russische Präsident Boris Jelzin kann sich nun doch eine erneuerte Sowjetunion ohne die nach völliger Unabhängigkeit strebende Ukraine vorstellen. In einem Gespräch mit dem sowjetischen Fernsehen am Samstag abend versuchte er, eine Interviewpassage mit der sowjetischen Zeitung 'Istwestija‘ zu korrigieren. Der Zeitung hatte er gesagt, Rußland werde einen neuen Unionsvertrag nur zusammen mit der Ukraine unterzeichnen. „Ungefähr ist es so, obwohl ich das nicht ganz meinte. Vielleicht ist es nicht ganz richtig wiedergegeben“, sagte er. Die Ukraine lehnt nach wie vor eine Union mit zentralen Organen ab. Jelzin wies allerdings auf die wirtschaftlichen Folgen, vor allem den Inflationsschub, bei einer völligen Unabhängigkeit der Ukraine hin. „Die Ukraine würde sofort ihre eigene Währung einführen und die ganze Rubelmasse würde auf Rußland einstürzen. Das darf nicht sein.“

In der Ukraine waren gestern 37,5 Millionen Bürger zu einem Referendum über die Unabhängigkeit der Republik aufgerufen. Alle sechs Kandidaten der gleichzeitig stattfindenden Präsidentschaftswahlen, aus denen höchstwahrscheinlich der gewendete kommunistische Spitzenfunktionär Leonid Krawtschuk als Sieger hervorgehen wird, hatten sich für eine Loslösung von der Union ausgesprochen.

Wahlen in Kasachstan

Bei der Präsidentenwahl in der zentralasiatischen Sowjetrepublik Kasachstan zeichnete sich am Sonntag eine hohe Wahlbeteiligung ab. Einziger Kandidat ist Amtsinhaber Nursultan Nasarbajew, dem Beobachter einen klaren Sieg voraussagen.

Der Oppositionskandidat Hassen Kosaschachmetow von der nach eigenen Angaben demokratischen Partei Scheltaksan hatte nur 65.000 statt der vorgeschriebenen 100.000 Stimmen für eine Nominierung sammeln können. Vertreter der Partei, die Nasarbajews Politik als autoritär bezeichnen, wollten Manipulationen bei der Auszählung durch die Wahlkommission nicht ausschließen.

Der 51jährige Nasarbajew muß im ersten Wahlgang mindestens 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um gewählt zu sein, sonst müßte er sich einem zweiten Wahlgang stellen. Nasarbajew verfolgt vor allem einen unabhängigen wirtschaftspolitischen Kurs von Moskau hin zu mehr Marktwirtschaft. Er gewann auch Profil als Vermittler im aserbaidschanisch-armenischen Konflikt um die Region Berg-Karabach.