„Gegenstandslos geworden“

■ Gericht stellt Prozeß gegen Mutlangen-Blockierer ein: Der Sinn solcher Verfahren sei nicht mehr zu vermitteln

Ellwangen (dpa) – Knapp neun Jahre nach den Anti-Raketen- Blockaden vor dem US-Militärdepot in Mutlangen hält das Landgericht Ellwangen eine Fortsetzung der Prozesse wegen Nötigung nicht mehr für vertretbar. Die Richter stellten das Verfahren gegen den katholischen Theologen Prof. Norbert Greinacher jetzt mit der Begründung ein, die Verhältnisse hätten sich grundlegend geändert (Az.: NS 88/85 3 KV 1/92).

In dem Beschluß, den Greinacher der dpa am Montag übermittelte, argumentiert die Kammer, eine Fortführung des Verfahrens würde auch bei der rechtstreuen Bevölkerung „weitestgehend auf Unverständnis stoßen“. So sei es „kaum noch möglich“, den Schöffen zu erklären, „weshalb diese Art von Verfahren jetzt noch weiterbetrieben werden muß“.

Zu beachten sei dabei, daß die damals kontrovers und emotional geführte Diskussion zur atomaren Nachrüstung „mittlerweile gegenstandslos geworden ist“. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der die Rechtsordnung und damit auch das Strafrecht beherrsche, zwinge zum Abbruch des Verfahrens.

Kosten und Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse. Greinacher hatte sich laut Anklage am 24. Juni 1984 mit 21 anderen Menschen aus Protest gegen die Raketenstationierung in der Bundesrepublik und die Hochrüstung der Weltmächte vor das Tor 2 des US-Militärlagers gesetzt und drei US-Soldaten zehn Minuten an der Einfahrt gehindert; dann wurden er und die Mitdemonstranten von der Polizei weggetragen.

Ein Amtsgericht hatte Greinacher am 31. Januar 1985 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 130 Mark verurteilt; dagegen hatte er Berufung eingelegt.