Meinungsfreiheit darf nicht 900 Mark kosten

■ Gericht: Demo-Plakate erlaubt

Berlin (taz) – Eigentlich ist es doch ganz einfach, dachte Wolfgang Barth: Demonstrationsfreiheit ist Teil der Meinungsfreiheit. Wenn man also eine Demonstration veranstalten will, muß man sie auch ankündigen dürfen. Er täuschte sich. Acht Jahre dauerte sein Kampf vor Gericht, gestern nun gab ihm das Bundesverwaltungsgericht endgültig recht.

Alles begann damit, daß Barth 1986 eine Demo gegen eine geplante Panzertrasse in der Garlstedter Heide in Niedersachsen organisieren wollte. Auf 100 Plakatständern sollte auf die Aktion hingewiesen werden. Nur eine Formalie, dachte er sich, dafür die „Sondernutzungserlaubnis“ der Stadt Osterholz-Scharmbeck zu bekommen. Von wegen – die Stadt hatte das Recht zur Vermietung von Werbeflächen an die Firma „Deutsche Städte-Reklame“ verpachtet und fühlte sich nicht mehr zuständig. Die Firma aber wollte von Barth für die Vermietung der Werbeflächen 912 Mark. Barth zog vor Gericht. Ein Fall, der auch an anderen Orten, z.B. in Berlin, denkbar wäre. Nahezu alle Gemeinden haben ihre Werbeflächen verpachtet, zuständig sind sie nur noch für das sogenannte „öffentliche Straßenland“, also beispielsweise für Straßenlaternen, -bäume und -begrenzungen. Nach den Vorschriften der Berliner Senatsverwaltung müssen sie auf diesen Stellflächen aber nur zweierlei Stelltafeln dulden: Wahlplakate in der acht Wochen währenden „heißen Wahlphase“ und Zirkusplakate. Für alles andere mußten sie bisher keine Genehmigung erteilen und konnten an die Werbefirma verweisen.

Alle Vorinstanzen stimmten Wolfgang Barth in seiner Meinung zu, daß das Verhalten der Stadt rechtswidrig war, aber die Reklamefirma ging immer wieder in Revision. Jetzt bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die bisherige Rechtsprechung. Das heißt: Die Stadt hätte die Genehmigung erteilen müssen, weil Barth sich auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen konnte. aka