Atomare Verkaufsshow in Wien

■ IAEO-Konferenz auf der Suche nach neuen Märkten für die Atomindustrie

Berlin (taz) – Die Konferenz „The nuclear option“ in Wien wird vor allem eines: eine Verkaufsmesse der Atomlobby. Denn auf dem Treffen der Internationalen Atomergie-Organisation (IAEO) sind die Hardliner gezwungen, nach neuen Märkten für das Auslaufmodell Atomreaktor zu suchen. „Die Probleme der Sicherheit und auch der Entsorgung werden wir ein andermal beraten“, sagt IAEO-Sprecher Hans Friedrich Meyer. Auf die Frage nach dem Unfall im russischen Brennelementewerk in Tscheljabinsk, der sich erst in der letzten Woche ereignet hatte, reagiert Meyer gereizt. Dabei habe es sich schließlich um eine Wiederaufarbeitungsanlage gehandelt und nicht um einen Reaktor, sagt er.

Daß eben gerade die ungelöste Frage der Entsorgung und auch die Zweifel an der Sicherheit der Atomenergie die Ursache für immer weniger Akzeptanz sind, wird in Wien nur am Rande thematisiert. Ohnehin wird weniger diskutiert als den Statements der 200 Delegierten aus 40 Ländern gelauscht.

Während derzeit weltweit etwa 17 Prozent des Stroms aus Kernkraftwerken stammen, rechnet IAEO-Chef Hans Blix bis zum Jahr 2010 mit einem Nachfragezuwachs von 75 Prozent und begründet damit auch gleich, warum künftig mehr Atomstrom produziert werden muß. Doch weltweit ging seit 1986 kein neuer Reaktor ans Netz. In den traditionellen Atomenergieländern, etwa den USA, ist seit dem Unfall von Harrisburg 1979 kein neuer Reaktor gebaut worden. Daher will die Atomlobby nun vor allem in Osteuropa, Asien und Indonesien neue Märkte erschließen. So sollen auf der Konferenz vor allem Delegierte aus Rußland, der Ukraine, Ungarn, China, Indien, Korea und Lateinamerika ihre Wünsche und Bedingungen für den Ausbau der Atomenergie vortragen. Japan, Frankreich, Deutschland und die USA haben dann Gelegenheit, ihr Know-how zu vermarkten, das zu Hause niemand mehr will. US-Nuklearfirmen wie Westinghouse bezogen bereits Lauerposition, um die russischen Alt-AKW zu erneuern. Wegen der boomenden Industrie in Asien rechnen sich die Atomstromer auch dort erhebliche Chancen aus. Susanne Krispin