Drei Runden ohne einen Punktsieger

■ Joschka Fischer streitet sich mit Klaus Töpfer über ökologische Politik

Saarbrücken (taz) – Die Samthandschuhe hatten sie nicht angezogen – aber die Bleigewichte blieben am Mittwoch abend draußen vor der Tür des alternativen Veranstaltungszentrums „Garage“ in Saarbrücken. „Joschka Fischer trifft Klaus Töpfer zum Streitgespräch“ war der Titel einer Veranstaltung der Bündnisgrünen an der Saar, die bei den Landtagswahlen am 16. Oktober in Saarbrücken in den Landtag einziehen und zugleich bei den Bundestagswahlen Klaus Töpfer (CDU) in die Wüste schicken wollen.

„Gerne“ sei er gekommen, beeilte sich Töpfer, der im Saarland Ministerpräsident werden möchte, noch vor Eröffung des „rationalen Diskurses“ (Fischer) vor mehr als fünfhundert ZuhörerInnen zu erklären. Denn sowohl die Bündnisgrünen als auch die Christdemokraten hätten bei diesen Landtagswahlen nur ein Ziel: „Die absolute Mehrheit der Sozialdemokraten unter Oskar Lafontaine brechen – und dann im Landtag die Karten neu mischen.“

In „Runde 1“ mokierte sich Töpfer darüber, daß Joschka Fischer nach wie vor glaube, mit einem Bündnispartner wie Gerhard Schröder (SPD) aus der Atomenergie aussteigen zu können. Gerade Schröder habe doch erklärt, daß man „vielleicht in etwa 30 Jahren“ die bundesdeutschen AKWs abschalten könne. Und das decke sich doch kaum mit den Ausstiegsszenarien der Bündnisgrünen. Da mochte Fischer nicht widersprechen. Doch in „knallharten Koalitionsverhandlungen“ – wenn es denn dazu kommen sollte – werde eine Kompromißlinie entwickelt werden müssen, die den Vorstellungen beider Partner gerecht werde. Daß „Runde 1“ schließlich an Töpfer ging, lag daran, daß der daran erinnerte, wie die Bündnisgrünen in Hessen nach „knallharten Koalitionsverhandlungen“ mit der SPD wiederholt eingeknickt seien: beim Bruch der Koalitionsvereinbarungen durch die SPD bei der Pro-PVC-Entscheidung und – aktuelles Beispiel – bei der Auseinandersetzung um den Transrapid.

In „Runde 2“ holte sich Fischer gar Beistand von seinem Kontrahenten. Daß Töpfer die Stillung der alten Hanauer MOX-Fabrik durch den hessischen Umweltminister nicht mit einer Weisung auf Wiederinbetriebnahme gekontert habe, könne doch nur so interpretiert werden, daß der Bundesumweltminister die vorgetragenen Sicherheitsbedenken teile, mutmaßte Fischer. Da wollte dann Töpfer nicht widersprechen. Fischer: „Aber warum fordert dann die hessische CDU für die Firma Siemens zwei Millionen Mark an Schadenersatz für diese Stillegung – aus Fischers Geldbeutel?“ Daß sich auch Joschka Fischer einer „Schlußabwicklung“ der vorhandenen Mengen an Plutonium auch in Hanau „nicht verschließen“ wollte, wertete Töpfer als Angebot zur Wiederaufnahme der Energiekonsensgespräche. Doch im Gegensatz zum Bündnisgrünen bestand Töpfer auf der Erfüllung der Wiederaufarbeitungsverträge der Energiewirtschaft. Schlußgong „Runde 2“ und Punkteteilung.

„Runde 3“ gehörte dann Joschka Fischer. Seinem Modell von der „ökologischen Industriegesellschaft“ hatte Töpfer nichts entgegenzusetzen. Deutschland, so Fischer, müsse heute die umweltfreundlichen Technologien von morgen realisieren – bis hin zur Schaffung von Voraussetzungen für den Import von Sonnenenergie (solarer Wasserstoff) etwa aus Afrika. Von solchen Visionen wurde Töpfer nicht gepeinigt. Der Bundesumweltminister hielt es da mit dem österreichischen Bundeskanzler: „Wer an Visionen leidet, der soll zum Arzt gehen.“ kpk