Joint-ventures statt Zäune

Beim Weltwirtschaftsforum in Johannesburg argumentierten alle Staatschefs für mehr wirtschaftliche Integration statt mehr Polizei  ■ Aus Johannesburg Kordula Doerfler

Der Präsident von Simbabwe war sichtlich amüsiert. „Einige unserer Leute sehen es als einen Beweis für Männlichkeit und Mut an, wenn sie illegal die Grenze passieren“, spottete Robert Mugabe am Donnerstag morgen in Johannesburg und gab zu erkennen, daß seine Regierung nicht gewillt ist, etwas gegen illegale Arbeitsmigration nach Südafrika zu unternehmen. Denn, so lachte er, „junge Männer werden immer junge Männer bleiben“.

Am Donnerstag und Freitag dieser Woche trafen sich die elf Mitgliedsstaaten der Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) zu einem Gipfel des Weltwirtschaftsforums (WEF) in der südafrikanischen Wirtschaftsmetropole Johannesburg, um über politische Aussöhnung und wirtschaftlichen Aufschwung im südlichen Afrika zu beraten.

Verbindliche Beschlüsse werden auf den jährlich in der ganzen Welt stattfindenden Gipfeln des WEF nicht gefaßt. Dennoch war die Konferenz hochkarätig besetzt. Neben Südafrikas Staatspräsident Nelson Mandela nahmen an dem Gipfel in Johannesburg auch die Präsidenten von Simbabwe, Robert Mugabe, Mosambik, Joaquim Chissano, Zambia, Frederick Chiluba und Botswana, Ketumile Masire teil, außerdem mehr als 400 Geschäftsleute aus den jeweiligen Ländern.

Der Witz Robert Mugabes traf ein zentrales Problem im südlichen Afrika: illegale Arbeitsmigration der ärmeren Länder in das reiche Südafrika, das trotz jahrzehntelanger Isolation während der Apartheid-Zeit die Wirtschaftsmacht Nummer eins ist. Hunderttausende von Wanderarbeitern kommen vor allem aus den von jahrzehntelangen Bürgerkriegen fast gänzlich zerstörten Nachbarländern Angola und Mosambik, um in den Minen und Bergwerken, auf Baustellen und in Restaurants Südafrikas zu arbeiten.

Die genauen Zahlen kennt niemand, doch der südafrikanische Innenminister Mangosuthu Buthelezi (Inkatha-Freiheitspartei) schätzt die illegalen Immigranten auf insgesamt zwei Millionen – bei einer Gesamtbevölkerung von 40 Millionen immerhin fünf Prozent. Die Arbeitslosigkeit in Südafrika liegt ein Jahr nach dem Machtwechsel bei immer noch knapp 40 Prozent. In Städten ist die Arbeitslosigkeit noch höher.

Schon in den achtziger Jahren ließ die damals weiße Regierung einen elektrischen Zaun um die Grenzen ziehen – mit dem Ziel, im Exil lebende Guerilla-Kämpfer des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) fernzuhalten. Die neue ANC-geführte Regierung ließ den Zaun nicht etwa abreißen, sondern beschloß, ihn um weitere 108 Kilometer an der Grenze zu Simbabwe zu verlängern – weiß aber zugleich, daß sie machtlos gegenüber dem Problem ist.

Präsident Nelson Mandela versucht deshalb auch, einen anderen Weg einzuschlagen. Joint-ventures im Landwirtschaftsbereich etwa mit Mosambik sollen helfen, in den jeweiligen Ländern Arbeitsplätze zu schaffen, die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben und den südafrikanischen Arbeitsmarkt zu entlasten.

Die in Johannesburg versammelten Staatsoberhäupter waren sich einig, daß illegale Migration unvermeidbar sei. Und daß Südafrika, das langfristig für die SADC-Staaten einen Wirtschaftsverbund nach europäischem Vorbild anstrebt, mit diesem Problem werde leben müssen. Oder, wie Mugabe sagte: „Die Menschen sind immer auf merkwürdigen Wegen nach Südafrika gekommen – jetzt ist es legendär geworden, nach Johannesburg zu gehen.“