Schneller, kürzer, preiswerter und mehr

■ 52 Prozent der Deutschen wollen auch dieses Jahr eine Urlaubsreise machen

Ja, wir Deutschen lieben das Reisen. Nur die Amerikaner geben im internationalen Vergleich mehr für Reisen aus. Rezession, Arbeitslosigkeit, Zukunftsangst – sparen die Deutschen nun auch am Luxusgut Reisen? Mitnichten.

Nach einer Studie des Hamburger B.A.T. Freizeit-Forschungsinstituts sind 52 Prozent auch dieses Jahr fest entschlossen, eine Urlaubsreise anzutreten, denn Urlaubsreisen hätten mittlerweile eine Bedeutung wie die Grundbedürfnisse Wohnen oder Kleidung. Dementsprechend wird fleißig gebucht nach Spanien, Italien oder in die Türkei.

Nur Griechenland ist auf der Rangskala klassischer Reiseziele der Deutschen gesunken. Es ist zu teuer. Dafür legen die USA mit ihrem günstigen Dollarkurs zu. Die Dominikanische Republik und Kuba – die Schnäppchen auf dem Fernreisemarkt – sind Renner.

Ohnehin wächst die Zahl der Flugreisenden kontinuierlich. Im letzten Jahr ist sie nach Angaben des Internationalen Flughafenrats um 5 Prozent auf 22 Milliarden gestiegen. Falls die Entwicklung so weitergeht, werde sich die Zahl der Flugreisenden in zwölf Jahren verdoppeln. Wird der Stau auf den Straßen sich fürderhin in den Himmel verlagern? Immerhin 75 Prozent der Bundesbürger mit festen Reiseabsichten zieht es ins Ausland, so der Präsident des Deutschen Reisebüro-Verbandes (DRV), Gert Hesselmann. „Dabei hält sowohl der Trend zu preiswerten Reisen als auch der Trend zu hochwertigen Reisen an“, meint Ariane Alzer, Pressesprecherin des DRV.

Die Deutschen, ein Land der hochklassigen Erben und Gutverdiener. Und die vielen anderen, die nicht aus dem vollen schöpfen, sparen nach einer Prognose der Dresdner Bank eher am Neukauf des Autos als an der Urlaubsreise.

Nichtsdestotrotz stöhnen die Veranstalter über die Buchungslage, über mangelndes Wachstum. Waren es letztes Jahr noch etwa 6 Prozent, so werden es dieses Jahr „möglicherweise nur 1 bis 2 Prozent sein“, so Alzer vom DRV. Einfach traumhafte Wachstumsraten zwischen 6 und 12 Prozent wie in den letzten Jahren haben die deutsche Fremdenverkehrswirtschaft verwöhnt. Zu verdanken hatte sie den Wachstumskick der Reiselust der Ostdeutschen. Nun hat sich das Geschäft auf hohem Niveau eingependelt.

„Alles hängt vom Kurzfrist-Geschäft ab“ titelt die Fachzeitschrift Fremdenverkehrswirtschaft (FVW). Begeben sich alle Deutschen nun auf den Last-minute- Trip? Nach dem Motto: schneller, kürzer, preiswerter? Auch das ein Trend wie alle Trends, der nur bedingt stimmt. Wer seinen Urlaub und seine Reisekasse pingelig organisieren muß, bucht schon im Januar und Februar, den buchungsstarken Monaten. „Last-minute- Reisen machen bislang ungefähr 3 Prozent aus“, weiß Ariane Alzer. Allerdings wird immer kurzfristiger gebucht. „Eine Vier-Wochen- Frist zwischen Buchung und Reise – ganz gleich ob hochwertig oder preiswert – ist keine Seltenheit mehr“, schreibt die FVW.

Die Deutschen wissen eben, was sie haben: eine leistungsstarke Tourismusindustrie, auf die sie sich verlassen können. Sie produziert am laufenden Band Überkapazitäten, und kein Mensch muß fürchten, irgendwo in der Welt zu irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr hinzukommen. Im Gegenteil: Je länger er mit seiner Buchung wartet, um so mehr fürchtet der Veranstalter um seine Wachstumsrate und um so billiger wird unter Umständen das Produkt Reise. Es kommt Unruhe in die Preisfront. Und die Veranstalter versuchen „durch dezente gezielte Aktionen das Buchungsgeschäft zu stimulieren“ (FVW).

Der Verdrängungswettbewerb auf dem deutschen Reisemarkt arbeitet letztendlich für den Kunden. Je später der sich zur Buchung entschließt, um so besser für die Reisekasse. Und sollte es tatsächlich mal nicht mit Mallorca klappen, dann geht es eben auf die Kanaren. Das Last-minute-Prinzip stimuliert den Markt und vielleicht auch Ihre Urlaubsfreude. Edith Kresta