■ Die HAG
: Selbstbestimmt leben

Selbstbestimmtes Leben jenseits einer „Essen-Satt-und-Sauber-Fließbandpflege“ bietet die Hamburger Assistenzgenossenschaft (HAG). Behinderte, kranke oder alte Menschen können mit der HAG individuell ihre Pflege planen. Das Angebot ist jedoch nach dem neuen Hamburger Abrechnungssystem gefährdet.

Seit dem 1. Juli wird, wie bei der Pflegeversicherung, nach „Leistungsmodulen“ nur für das existentiell Notwendige bezahlt. Zudem will die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) für die ambulante Pflege einer Person nicht mehr als 8400 Mark im Monat bezahlen. Die 24-Stunden-Assistenz der HAG kostet zwischen 20.000 bis 30.000 Mark, die bislang Krankenkassen, Sozialämter oder die Berufsgenossenschaft trugen. Wer in der Pflege nun „zu teuer“ ist, dem droht die Heimeinweisung.

„Davon sind sowohl GenossInnen als auch MitgliederInnen des Vorstands betroffen“, sagt Stefanie Neu-Schrader, die die HAG mitgründete und nun die Geschäfte führt. „Ohne die persönliche Assistenz müßte ich meine Arbeit aufgeben“, ist sich die 44jährige, die seit dem zweiten Lebensjahr Kinderlähmung hat und im Rollstuhl sitzt, sicher.

Auf Anregung des Vereins „Autonom Leben“ gründeten Behinderte vor drei Jahren die Genossenschaft, um das laut Neu-Schrader in Hamburg einmalige Angebot der „persönlichen Assistenz“ aufzubauen. Das bedeutet Hilfe im Alltag und am Arbeitsplatz, die es ihnen erlaubt, ihr Leben selbst zu gestalten, was im Alltag der Heimpflege, aber auch in Sozialstationen oder bei Pflegefirmen in solchem Maß in der Regel nicht zu gewährleisten ist. Betroffene sollen Interessen, Gestaltungs- und Veränderungswünsche zugunsten eines kostengünstigen und reibungslosen Personaleinsatzes unter den Tisch fallen lassen.

Die HAG bietet sowohl ihren 40 GenossenschaftlerInnen als auch Nicht-MitgliederInnen die Organisation der persönlichen Assistenz an. Derzeit gibt es 18 AssistenznehmerInnen und etwa 70 bei der HAG angestellte AssistentInnen. Im August soll ein Gespräch der Kassen und der BAGS die Unsicherheiten bezüglich der Finanzierung der persönlichen Assistenz klären. Knut Henkel