Blutiger Existenzbeweis einer Guerilla alten Typs

■ In Mexiko fordern EPR-Angriffe 14 Tote. Die Armee rückt in Badeorte ein

Mexiko-Stadt (taz) – Das Rätselraten um die vermeintliche Phantomguerilla, die vor zwei Monaten im mexikanischen Bundesstaat Guerrero aufgetaucht war, dürfte vorerst vorbei sein. Am Donnerstag abend wurden in einer ganzen Serie von Angriffen in Guerrero und vier weiteren Bundesstaaten insgesamt 14 Menschen getötet und 23 verletzt. Sechs mutmaßliche Rebellen wurden festgenommen. Nach Aussagen des mexikanischen Innenministeriums gehen die Angriffe auf das Konto der Revolutionären Volksarmee (EPR). Die EPR war Ende Juni erstmals öffentlich in Erscheinung getreten – was zahlreiche Spekulationen nach sich gezogen hatte, wer eigentlich hinter dieser Gruppe stecke.

Für die Regierung scheint diese Frage geklärt: In einer nächtlichen Pressekonferenz erklärte Staatssekretär Arturo Nuñez, bei der EPR handele es sich um den „bewaffneten Arm“ der Revolutionär-Klandestinen Arbeiterpartei der Volkseinheit (Procup), einer marxistisch-leninistischen Splitterpartei aus den siebziger Jahren.

Als zivile „Unterstützergruppen“ der berüchtigten Procup, die sich unter anderem schon 1994 kurz nach dem Zapatistenaufstand zu einem Bombenanschlag in der Hauptstadt bekannt hatte, nannte Nuñez namentlich diverse Bauernorganisationen, darunter auch den guerrensischen Verband OCSS. Nach Einschätzung des Innenministeriums habe die EPR mit der jüngsten Anschlagsserie offenbar den Eindruck einer „massiven landesweiten Präsenz“ erwecken wollen – Armeesprecher hatten die Mitgliederzahl bisher mit „weniger als 100“ angegeben.

Ungewöhnliches Lob wurde den Zapatista-Guerilleros aus dem benachbarten Chiapas zuteil: Diese verfügten im Gegensatz zur EPR wenigstens über eine „soziale Basis“, ließ Präsident Zedillo zu später Stunde noch verlauten, und hätten ihren Forderungen „niemals durch Terror“ Nachdruck verliehen.

Trotz alledem, so versicherte Nuñez am Donnerstag abend gegenüber der Presse, aber werde der Rechtsstaat in Mexiko „weiterhin gewahrt“ bleiben. In Huatulco, einem Urlaubsort am Pazifik, der von EPR-Einheiten angegriffen worden war, rückte die Armee ein, während die Touristen nach den nächtlichen Schießereien Reißaus nahmen. Noch am Donnerstag abend warnte der linke Oppositionsführer Manuel López Obrador, der die Gewaltserie ausdrücklich verurteilte, vor einer „gegen die Bevölkerung gerichteten Politik der Aufstandsbekämpfung“. Anne Huffschmid