Auf Du und Du mit der Medienrazzia
: Nölle stoppt Janknecht

■ Finanzsenator kippt Ermittlungen wegen Hoffmann-Papier/ Beschwerden hinfällig

Hans Janknecht kann einpacken: Gestern hat Finanzsenator Ulrich Nölle der Staatsanwaltschaft untersagt, daß in seinem Hause nach der undichten Stelle geforscht wird, aus der ein internes Papier an die Presse weitergegeben worden ist. Zur Erinnerung: Wegen der Veröffentlichung eines Rechnungshof-Berichts über das Finanzgebaren des Ex-Bildungsstaatsrats Reinhard Hoffmann waren am 20. August vier Redaktionen und drei Privatwohnungen von Journalisten durchsucht worden. Am Freitag hatte die Staatsanwaltschaft Nölle gebeten, in seinem Ressort weiterermitteln zu dürfen, weil dort die Quelle sei. Mit Nölles Ablehnung muß nun nicht nur das Ermittlungsverfahren wegen der Weitergabe von Dienstgeheimnissen eingestellt werden. Nölle hat gleichzeitig die Beschwerden von Radio Bremen und des Weser Reports aller Wahrscheinlichkeit nach versenkt. „Mit dem Ermittlungsverbot sind die Beschlagnahmungen hinfällig, die beschlagnahmten Papiere müssen zurückgegeben werden. Der ganze Fall hat sich erledigt“, erklärte gestern Justizstaatsrat Michael Göbel. „Und wenn sich der Fall auf diese Art und Weise erledigt hat, dann sind auch die Beschwerden hinfällig. So ist eben die gängige Rechtssprechung.“

In einer Presseerklärung aus dem fernen Saarbrücken hatte Nölle gestern seine Ablehnung kundgetan. Von der wurde die Bremer Ermittlungsbehörde offensichtlich ziemlich überrascht. „Offiziell liegt uns noch nichts vor“, sagte gestern nachmittag die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Kirsten Graalmann-Scheerer. Erst kurz darauf erreichte das Justizressort ein Anruf aus dem Saarland, in dem eine offizielle Antwort auf den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Ermittlungserlaubnis angekündigt wurde. „Die Justiz ist schon irritiert“, kommentierte Göbel den Vorgang. „Und nachzuvollziehen ist die Begründung auch nicht.“

In der Tat hatte Nölles Begründung für ziemliche Verwirrung gesorgt. Der eindeutigen Ablehnung der Ermittlungen einerseits folgte ein Hinweis darauf, daß sich auch der Senat von den Medienrazzien distanziert hatte. Aber dann ließ Nölle verlauten, daß noch „verschiedene Gerichtsverfahren anhängig“ seien, „deren Ergebnisse abzuwarten sind“. Doch ein Sprecher des Senators stellte unmißverständlich klar, daß für den Senator die Frage der Ermittlungen klar entschieden sei: ein klares Nein. Punktum.

Sobald es die Meinung Nölles heute offiziell gibt, müssen die ermittelnden Staatsanwälte den Aktendeckel zuklappen. Der Finanzsenator hat ein „Verfolgungshindernis“ aufgebaut, und deshalb bestehe „kein Anlaß mehr zur Erhebung öffentlicher Klage“, heißt es im entsprechenden Gesetz. „Wir werden die Entscheidung respektieren, aber auf keinen Fall in der Öffentlichkeit kommentieren“, sagte gestern dazu die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Lieber „nichts dazu sagen“ wollte auch Rechnungshofpräsident Hartwin Meyer-Arndt, der mit seiner Strafanzeige die Ermittlungen erst in Gang gesetzt hatte. Die CDU dagegen ließ keinen Zweifel an ihrer Zufriedenheit mit Nölles Entscheidung aufkommen. „Wir können nicht die Razzien kritisieren und die Ermittlungen danach einfach so weiterlaufen lassen“, hieß es gestern aus dem CDU-Haus. Eher kritisch sahen SPD und AfB Nölles Ablehnung. Der Finanzsenator hätte wenigstens die Beschwerdeverfahren abwarten sollen, hieß es unisono. „Wir hätten angenommen, daß Herr Nölle an einer schnellen Sachaufklärung mitarbeitet“, sagte die SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Karin Röpke. Die AfB-Abgeordnete Elke Kröning meinte: „So öffnet die Entscheidung Interpretationen Tür und Tor.“ Richtig falsch finden die Grünen Nölles Entscheidung. „Sehr unklug“, kommentierte Fraktionssprecherin Helga Trüpel. „Die unangemessene Medienrazzia ist eine Ebene. Aber wenn es nun schon einen Verdacht im Finanzressort gibt, dann muß man dem auch nachgehen. Man darf das nicht zusammenschmeißen.“ J.G.