■ Mit der Spielzeugindustrie auf du und du
: Tödliche Jobs

Köln (taz) – Ronald McDonald hatte Grund, sich zu ärgern. Im Internet tauchten Anfang des Jahres unangenehme Informationen über das Spielzeug auf, das der Mc-Donald's- Clown an Kinder verteilen soll. Die Spielsachen werden unter anderem von der Hongkonger Firma Keyhinge Toys in Vietnam produziert. Den Angaben einer Hongkonger Menschenrechtsgruppe zufolge wurden dort 220 der 1.800 vietnamesischen Arbeiter und Arbeiterinnen durch giftige Dämpfe zum Teil schwer vergiftet. Keyhinge- Arbeiter erhalten eine Mark Lohn am Tag – weit unter dem geltenden Mindestlohn in Vietnam – für neun bis zehn Stunden Arbeit.

Dies ist kein Einzelfall in der Branche, die rund 109 Milliarden Mark jährlich umsetzt und vorwiegend in Asien produzieren läßt. Vier von fünf Spielsachen gehen nach Europa, Nordamerika und Japan. Mehr als zwei Drittel kommen aus asiatischen Ländern – überwiegend aus China. In Deutschland gibt jeder Haushalt jährlich rund 500 Mark für Spiele aus – ein Umsatz von 5,8 Milliarden Mark pro Jahr.

Multinationale Konzerne wie Barbie-Hersteller Mattel dominieren die Branche. Aber nur selten verfügen sie über eigene Fabriken. Vielmehr vergeben sie ihre Aufträge an Zulieferer, häufig aus Hongkong. Für diese kleineren Firmen ist es überlebenswichtig, immer wieder die Kosten zu drücken. Unweigerlich wird zunächst an den Arbeitsbedingungen gespart. Seit 1993 sind über 300 asiatische Arbeiterinnen am Arbeitsplatz durch Feuer oder Unfälle ums Leben gekommen. Meist werden junge Frauen beschäftigt, die unter extrem niedrigen Löhnen und langen Arbeitstagen leiden – häufig ohne Urlaubsanspruch.

Der britischen Organisation World Development Movement zufolge verdient ein 17jähriges Mädchen in einer chinesischen Fabrik, in der für Disney Spielzeug hergestellt wird, umgerechnet drei Mark am Tag. Sie arbeitet durchschnittlich elf Stunden täglich, sieben Tage die Woche. Nach der Arbeit teilt sie sich ein Zimmer mit elf Kolleginnen.

In Thailand haben die Arbeiterinnen, die dort Barbie-Puppen machen, den Anspruch auf Urlaub, Mutterschutzurlaub und Krankengeld verloren, indem die Firma sie nur noch auf Zeit einstellt. Ein deutscher Konsument zahlt für eine Barbie-Puppe mehr, als die Produzentin in einer Woche verdient. Hugh Williamson