Was da fließt ist das Qi

■ Bremer Rotes Kreuz auf dem China-Trip: Kurse in Quigong, Taijiquan und anderen Künsten als Vorbereitung auf die chinesische Ambulanz, die 1998 eröffnet werden soll

„Versuchen!“, ruft Liu Xiaoyan fröhlich, „Qi diskutieren, das bringt echt nichts. Das muß man spüren.“Fast schon steht die lächelnde Chinesin aus Bremens Partnerstadt Dalian; aber im nüchternen Konferenz-Weiß des Deutschen Roten Kreuz (DRK) steht keiner mit auf. Über Qigong will man lieber erstmal philosophieren. Qi steht für zirkulierende Energie im Körper. So wie Blut und Nerven, aber eben anders, energetisch. Und wenn es beim Zirkulieren Unfälle gibt, hat man Schmerzen.

„Das ist wissenschaftlich erwiesen, auch im europäischen Sinne“, sagt Hähn, Uschi. Und außerdem bräuchte man sich nur einmal akkupunktieren lassen: „Wenn die Nadel richtig gesetzt ist, dann spürt man es fließen, das ist das Qi.“Frau Hähn, Sinologin mit mehrjähriger chinesischer Heilpraktiker-Ausbildung, ist Projektleiterin der künftigen chinesischen Ambulanz im Deutschen Roten Kreuz Bremen. Im Frühsommer 1998 soll die ihre Türen öffnen.

„Nichts“könne die Eröffnung verhindern. Erlenwein, Roswitha, schüttelt energisch ihren Kopf. Die Vorsitzende des Bremer DRK war selbst schon mal in Dalian, mitgeschnackt ins Reich der chinesischen Heilkunst durch ihren Geschäftsführer Höptner, Jürgen – und so ist das DRK-Haus an der Bremer Wachmannstraße wahrlich das spirituelle Zentrum für ein Pilotprojekt „ganzheitliche chinesische Ambulanzen in Deutschland“. In Bremens Zentrum soll es in einem Jahr stehen, besetzt von zwei nordchinesischen Ärzten mit Qigong-Erfahrungen, Taijiquan (deutsch: Tai-chi), Akkupunktur und einer siebenjährigen Hochschulbildung.

Jetzt sondiert man erstmal. Und will sich, wenn schon die Krankenkassen bocken und auch die Ärzte noch nicht so richtig angebissen haben, schon mal einen Patientenkreis heranziehen. Mit chinesischen Bewegungsseminaren, Kochen und Massage im Herbst, mit Vorträgen im Winter und mit vier „Schnupperkursen“für zehn Mark ab übermorgen in der Wachmannstraße 9. Da wird Frau Liu dann aufstehen und schattenfechten: Qigong, um die Lebenskraft zu stärken

Liu Xiaoyan hat das auch schon bei der Barmer Ersatzkasse gemacht – so ganz dagegen sind die ja gar nicht (wenn man's denn nur aus eigener Tasche zahlt) – und erzählt, worum es dabei geht: „Fünf Organe hat der Mensch; wußten sie das nicht? Die Leber, das ist das Holz, das Herz ist das Feuer, der Magen ist die Erde, die Lunge das Gold und das Wasser sind die Nieren.“Und zu den fünf Organen und den fünf Elementen gibt es noch Himmelsrichtungen und Wandlungsphasen. Und dann gibt es natürlich noch Ying – Liu Xiaoyan streicht sich über Brust und Bauch – und Yang. Liu Xiaoyan faßt nach ihrem Rücken. Dazwischen fließt das Prinzip der chinesischen Heilkunst: „Die schädliche Energie raus, die gute Energie rein.“„Darf ich das mal erklären“, sagt Frau Hähn, ihre Projektleiterin, die inzwischen ein bißchen hippelig geworden ist: „Die Welt“– sie stockt – „spaltet sich in zwei Polaritäten, die aber sind, die eine in der anderen als Kerne auch enthalten.“Der Laienchinese weiß: Auch wenn das nach deutscher Dialektik klingt, ist das chinesisches YingYang. Und wird bald in Bremen ambulant ins Gleichgewicht gebracht. äff

Infos beim DRK, Tel. 34 03 130