Online zum Traumurlaub

■ Internet-Services und andere Online-Dienste versprechen Urlaub zum kleinen Preis. Doch die Beratung fehlt

Nahezu jeder Urlauber kennt das aus eigener Erfahrung: Die netten Leute im Nachbarzimmer zahlen für das Hotel nur die Hälfte dessen, was man selbst hinblättert.

Der Hintergrund: Die meisten Hotels arbeiten mit mehreren Reiseveranstaltern zusammen, und von denen gestaltet jeder seine Preise selbst. Da wiederum kaum ein Reisebüro sämtliche Veranstalter im Programm haben dürfte, schmilzt die Wahrscheinlichkeit für den Urlaubswilligen, das günstigste Angebot für ein gewünschtes Zimmer zu erhalten, schnell dahin.

Und nicht nur von Hotels, auch von Autovermietern und vielen anderen Leistungsträgern der Reisebranche existieren in den Reisebüros viele unterschiedliche Preismodelle für das exakt gleiche Angebot.

Abhilfe versprechen Reisevermittlungen in Internet und Online- Diensten. Dort findet der potentielle Urlauber ein wahres Eldorado: Er kann sich nicht nur perfekt über sein Ferienziel und die Reisemodalitäten wie Zug- und Flugpläne, Landkarten oder Impfungsempfehlungen informieren, sondern die gewünschte Reise auch gleich online buchen – oftmals zum unschlagbaren Niedrigpreis. Denn, wie die ZDF-Sendung „WISO“ herausfand, verraten klassische Reisebüros ihren Kunden nicht immer das günstigste Angebot, da dann auch die Provision des Reisebüros entsprechend mager ausfiele.

Auf dem „Infohighway“ lassen sich aber alle Angebote unabhängig von Vermittlermargen einsehen und auswählen. Ferner bieten Online-Sonderaktionen wie Live- Auktionen für Flugtickets weitere außergewöhnliche Gelegenheiten. Zusätzlicher Vorteil: Der urlaubshungrige Kunde muß sich am Feierabend nicht abhetzen, um noch vor Ladenschluß ins Reisebüro zu kommen, und nicht mehr warten, bis Kataloge und Preislisten angekommen sind. Er braucht nur mit dem Finger zu zeigen – respektive dessen digitaler Präsenz, dem Mauszeiger –, und sogleich erscheinen die gewünschten Informationen auf dem Bildschirm.

Der Nachteil: Die persönliche Beratung entfällt ebenso wie der individuelle Geheimtip oder die Warnung vor möglicherweise unseriösen Anbietern („Never- come-back-Airlines“ & Co.). Zudem gibt es noch Probleme bei den Zahlungsmodalitäten, so daß viele Anbieter zwar ihre Informationen online anbieten, für die eigentliche Buchung jedoch auf Telefon und Fax oder doch wieder den Besuch in einem Reisebüro verweisen.

Gerd Hesselmann, Präsident des Deutschen Reisebüro-Verbands (DRV), sieht in den Online- Medien daher noch keine direkte Bedrohung für das klassische Reisebüro. Der Wettbewerb werde zwar immer härter, noch sei aber keine „Revolution der Vertriebskanäle“ absehbar.

Dies mag auch an der wohl typisch deutschen Zurückhaltung gegenüber allem Technischen (und insbesondere den grauen Plastikkisten) liegen: Im Gegensatz zu anderen Ländern ist die Verbreitung von PCs – zumal mit Online- Anschluß! – in den Haushalten hierzulande noch lange nicht so groß, daß sich spürbare Veränderungen für Reisebüros abzeichnen würden.

Hesselmann empfiehlt den DRV-Mitgliedern die Online-Medien daher eher als Chancen, selbst tätig zu werden: Immer mehr Leistungsträger wie Hotels oder Autovermietungen machen ihre Angebote direkt online verfügbar, so daß auch kleinere Reisebüros auf dieser Basis eigene Angebotspakete für ihre individuelle Marktnische schnüren und damit schneller und flexibel auf aktuelle Marktanforderungen reagieren können. Die Reisekaufleute sollten das zusätzlich verfügbare Wissen zur Beratung nutzen.

Schließlich erhält gerade in Zeiten zunehmender Überbuchungen und unseriöser Billiganbieter der wichtigste Vorteil des klassischen Reisebüros – eine individuelle Beratung jedes Kunden auf Basis eines oft über Jahre aufgebauten Vertrauensverhältnisses – immer stärkeres Gewicht.

Der Kunde sieht im Reisebüro eben nicht nur eine Vermittlung für seinen Urlaub, sondern eine vertrauenswürdige Instanz, die ihm aus der Vielzahl möglicher Angebotsvarianten die für seine Bedürfnisse besten aussucht. Die derzeit am häufigsten praktizierte Variante der Online-Reiseplanung ist es daher wohl, sich das beste Angebot aus dem Netz auszudrucken und es in das Reisebüro des eigenen Vertrauens mitzunehmen. Mark Torben Rudolph

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