Kameruns Demokraten rechnen mit Wahlfälschung

■ Wahlauftakt in Kamerun: Präsidentschaftskandidat im Gefängnis, Schriftsteller verhaftet

Berlin (taz) – Duala, Kameruns Wirtschaftsmetropole am Atlantischen Ozean, ist kein Ort hoher Lebensqualität. Als Staatschef Paul Biya 1982 die Macht ergriff, hatte Duala 300.000 Einwohner; inzwischen sind es über zwei Millionen, pro Jahr werden es 15 Prozent mehr. In den Slumsiedlungen neben versumpften Flüssen und Seen gibt es kaum öffentliche Dienstleistungen, dafür regelmäßig Überschwemmungen und Trinkwasserverseuchung. Daß die Politik daran etwas ändern könnte, glauben die Menschen in Duala spätestens seit Januar 1996 nicht mehr: Damals gewann bei den Kommunalwahlen die oppositionelle „Sozialdemokratische Front“ (SDF) vier der fünf Bezirksbürgermeisterposten – und die Regierung Biya ersetzte prompt die gewählten Vertreter durch ernannte Politiker. Wieder einmal wurde klar, in welch engen Grenzen sich die von Präsident Biya versprochene Demokratisierung bewegt.

Kameruns Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag wird das wohl noch einmal deutlich unter Beweis stellen. Die Opposition, geführt von der SDF, hält die Wahl für manipuliert von vorne bis hinten und ruft zum „aktiven Wahlboykott“ auf. SDF-Führer John Fru Ndi muß es wissen – als er bei der letzten Wahl 1992 gegen Biya antrat, ging er zwar nach Ansicht internationaler Beobachter als Sieger hervor, aber die Regierung produzierte ein gegensätzliches Wahlergebnis und steckte Fru Ndi unter Hausarrest. Auch jetzt, klagen Regimegegner, gibt es keine unabhängige Wahlkommission, viele Wahlberechtigte stehen gar nicht in den Wählerlisten – selbst in der Hauptstadt Jaunde sind nur 200.000 der 1,5 Millionen Einwohner als Wähler registriert.

„Opfer dieses Ausschlusses waren vor allem jüngere Leute zwischen 20 und 35 Jahren sowie Bürger, deren Namen die Zugehörigkeit zu gewissen angeblich regimefeindlichen Ethnien verrieten“, analysierte der bekannte Schriftsteller Mongo Beti die Parlamentswahlen vom Mai, die bereits nach diesem System abliefen und der Regierungspartei RDPC erwartungsgemäß einen Sieg bescherten. „Es gab unzählige fiktive Wahlbüros. Die ausländischen Beobachter konstatierten mehrere Fälle von vorab gefüllten Wahlurnen. In den Wahlbüros gab es keine Wahllisten.“ Und Beti warnte: „Nun ist Paul Biya anläßlich der Präsidentschaftswahl dabei, diese Operation zu wiederholen.“

Dazu schlägt die Regierung diesmal noch schärfere Töne an. Der ehemalige Minister Titus Edzoa, der im April die Regierung verließ und seine Kandidatur zum Präsidentenamt ankündigte, landete im Gefängnis und wurde am Freitag zu 15 Jahren Haft wegen Korruption verurteilt – in Kamerun nicht gerade ein seltenes Vergehen. Mongo Beti, der ein Solidaritätskomitee für Edzoa gründete, ist inzwischen inhaftiert. Auch die Ehefrau eines Kandidaten wurde eingesperrt.

Nicht nur Fru Ndi ruft angesichts solcher Vorgänge zum Boykott auf, sondern auch Bello Bouba Maigari, Führer der zweitgrößten Oppositionspartei UNDP. Gegen Biya treten lediglich acht Kandidaten von Kleinstparteien an. Einer von ihnen, Samuel Eboua, war allerdings mehrere Jahre lang Verbündeter Fru Ndis. Das nach der Wahlfälschung von 1992 entstandene Oppositionsbündnis um Eboua und Fru Ndi zerbrach im Februar 1997 an der Frage eines gemeinsamen Gegenkandidaten zu Biya. Auch Kameruns Opposition ist eben zerstritten und hochgradig regionalisiert.

„Die Probleme, die wir in Afrika haben, sind Ergebnis von Wahlfälschungen und Versuchen ethnischer Gruppen, andere Gruppen zu beherrschen“, sagte Fru Ndi kürzlich bei einer Auslandsreise und meinte, Kameruns Wahl sei „keine innere Angelegenheit“, denn „wenn die Lage explodiert wie in Ruanda und Burundi, werden Franzosen und Amerikaner gezwungen sein einzugreifen“. Die Regierung warf daraufhin der SDF vor, Krieg zu schüren. Bei seiner ersten Wahlkampftournee tönte Biya, seine Priorität nach der Wahl werde „die Sicherheit“ sein.

Tatsächlich gibt es unter kamerunischen Regimegegnern eine Debatte darüber, ob man es nicht Laurent Kabila in Zaire gleichtun und die Regierung mit Gewalt stürzen könnte. Fru Ndi ist dagegen. „Die Alten sind müde und wollen von Wahlen in Kamerun nichts mehr wissen“, sagte er kürzlich. „Jugendliche finden, man muß zu den Waffen greifen und das Regime bekämpfen. Sie haben mich gebeten, ihnen Waffen zu geben. Ich habe sie davon überzeugt, daß Krieg zerstörerisch ist.“ Dominic Johnson