■ Vorschlag
: Indianer und Fernsehgeist: Brasilien- filme im Völkerkundemuseum

Meist sind es eher schlechte Nachrichten, die uns aus Brasilien erreichen: von der Abholzung des tropischen Regenwaldes etwa oder von korrupten Politikern, die ihr Land in den Ruin treiben. Beim Museum für Völkerkunde hat man sich jetzt über unser Informationsdefizit Sorgen gemacht und deshalb in Zusammenarbeit mit dem Brasilianischen Kulturinstitut die Reihe „Film-Land: Brasilien!“ initiiert. In Fernsehfeatures, Dokumentarfilmen und ethnologischen Videos blicken vornehmlich brasilianische Regisseure auf ihr Land. Neben Filmen, die das Leben in den Großstädten dokumentieren, bilden Produktionen, die sich mit der Kultur der indianischen Ureinwohner beschäftigen, einen Schwerpunkt. Interessant ist vor allem deren Auseinandersetzung mit den visuellen Medien selbst. In dem 1990 entstandenen Film „Der Geist des Fernsehens“ konfrontiert Regisseur Vincent Carelli die Indianer des WaiÛpi- Stammes mit Aufnahmen, die 1973 bei der ersten Kontaktaufnahme mit der „Zivilisation“ entstanden waren: Während einige das Video als Historie in Bildern betrachten, die ihnen die Möglichkeit bietet, von den Vorfahren zu lernen, fühlen sich andere von den Geistern ihrer toten Ahnen heimgesucht. Der freundliche Häuptling aber hat unterdessen bereits ein Bewußtsein für die Massenwirksamkeit und die Manipulationsmöglichkeiten des Mediums entwickelt: Ob diesen Film sehr viele Menschen sehen werden, will er vom Regisseur wissen. Dann solle man den Leuten da draußen doch bitte mitteilen, daß es hier im Urwald eine große Anzahl höchst aggressiver und gefährlicher Bewohner gäbe. „Vielleicht bekommen die Weißen dann Angst und lassen uns in Ruhe.“

Mit anderen Problemen haben die großen Städte des Landes zu kämpfen. Wie das deutsche Fernsehfeature „Stadtrand“ verdeutlicht, hat sich in den armseligen Wellblechhütten der Peripherie längst eine tragikomische Anarchie ausgebreitet, und manchmal hilft nur noch die Flucht in die schöne Scheinwelt des Fußballs. Wie die Dokumentation „Brasilien, eine Nation in Fußballschuhen“ zeigt, spielt einfach jeder mit dem Ball, und jeder ist Fan. Letztlich aber ist die Qualifikation für die WM dann doch nur eine schöne Nebensache, wie ein Anhänger bemerkt: „Wichtiger wäre es, wenn wir uns für die Erste Welt qualifizieren könnten.“ Lars Penning

„Film-Land: Brasilien!“ Museum für Völkerkunde, bis zum 25.1.