Später Protest Pekings gegen antichinesische Gewalt

■ In Indonesien wurden bei den Ausschreitungen Mitte Mai chinesischstämmige Frauen systematisch vergewaltigt. Armee kündigt Untersuchung gegen Suhartos Schwiegersohn an

Bangkok (taz) – Spät, aber scharf hat Peking gestern die indonesische Regierung angegriffen. Nach den schweren antichinesischen Unruhen vom Mai müßten die Verantwortlichen bestraft werden, forderte gestern die halbamtliche chinesische Volkszeitung. Nur wenn die chinesische Minderheit gerecht behandelt würde, könnte das Ansehen Indonesiens wiederhergestellt werden.

Über 1.200 Menschen starben, als im Mai Häuser und Geschäfte vor allem der chinesischen Minderheit in Jakarta und anderen Städten geplündert und gebrandschatzt wurden. Die Unruhen führten zum Rücktritt von Präsident Suharto. Erst langsam wurde bekannt, daß bei den Ausschreitungen chinesischstämmige Frauen massenhaft sexuell mißbraucht und vergewaltigt wurden. Indonesiens Menschenrechtskommission hat bisher 168 Fälle dokumentiert. 20 Frauen starben. Einige wurden nach der Tat in brennende Häuser gesperrt, andere begingen vor Scham Selbstmord.

Nach Ansicht indonesischer Frauengruppen hat sich in den letzten Wochen bestätigt, daß die Vergewaltigungen systematisch vorbereitet worden waren – ebenso wie ein Großteil der Brandstiftungen. Das Freiwilligen-Team für Menschlichkeit des Jesuitenpaters Sandyawan Sumardi sammelte Augenzeugenberichte, nach denen Gruppen junger Männer in chinesischen Vierteln auftauchten oder gezielt Chinesinnen aus Bussen zerrten und vor den Augen ihrer Familien vergewaltigten. Die Täter und ihre Hintermänner sind einflußreich: Zeuginnen erhielten Fotos ihrer Vergewaltigung zugeschickt. Andere wurden telefonisch bedroht. Vor seinem Büro fand Pater Sandyawan eine Handgranate.

In Indonesien müssen die Angehörigen der chinesischen Minderheit immer wieder als Sündenbock herhalten. 1965/66 waren bei antikommunistischen Ausschreitungen rund eine halbe Million Chinesen ums Leben gekommen. Seitdem sind chinesische Sprachen und Schriften verboten.

Armeechef Wiranto hat gestern versprochen, ernsthaft zu untersuchen, wer „hinter den Ereignissen im Vorfeld von Suhartos Rücktritt, den Unruhen und Vergewaltigungen, steckt“. Er kündigte an, daß die Armee Suhartos Schwiegersohn, General Prabowo Subianto, verhören will. Er war bis Mai Chef der Spezialeinheit „Kostrad“ und wird mit zwei anderen hochrangigen Offizieren verdächtigt, für die Entführung und Folter von Dissidenten verantwortlich zu sein. Gegen zehn Soldaten läuft bereits ein Verfahren. Jutta Lietsch