Manila liegt um die Ecke

Romuald Karmakar, der Regisseur von „Der Totmacher“, dreht in einer Hamburger Speditionshalle seinen neuen Film „Manila“  ■ Von Oliver Eckers

Die Filmförderung Berlin bescheinigte dem Drehbuch für seinen neuen Film Hörspielcharakter. Der Filmstiftung Nordrhein-Westfalens, die die Entwicklung des Drehbuchs finanziert hatte, war das Resultat nicht drastisch genug. Und in Bayern gab man ihm den Tip, doch besser einen Low-Budget-Film zu machen. Das passierte nicht irgendwem, sondern Romuald Karmakar, dem Regisseur des Kinoerfolgs Der Totmacher, in dem Götz George als psychopathischer Massenmörder brillierte und der immerhin mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet wurde. Nur in Hamburg stieß der gebürtige Hesse bei seiner Filmförderungsodyssee auf Gegenliebe. Die Hanseaten würdigten das Drehbuch für Manila als „sehr dicht und intensiv“ und sagten Unterstützung zu. Eva Hubert von der Filmförderung betont, das Projekt habe unbedingt eine Chance verdient: „Es ist ein sehr schwieriger Stoff, aber schließlich will man ja nicht nur seichte Komödien im Kino sehen.“

Der Film, der im nächsten Herbst starten soll, spielt am Internationalen Flughafen von Manila. Ein Flug nach Frankfurt hat acht Stunden Verspätung. Die Passagiere kommen ins Erzählen, kleine und große Dramen werden offengelegt und entwickeln sich in der Zeit des Wartens. Für das Gesamtbudget von 7,35 Millionen Mark machte die Hamburger Filmförderung 1,9 Millionen locker. Wofür, das zeigte Karmakar Anfang der Woche auf einer Führung durch das Set in Bad Oldesloe. Hierher, in die 5000 Quadratmeter große Halle der Spedition Kühne und Nagel, mußte man ausweichen, um das ehrgeizige Projekt verwirklichen zu können: Fast originalgetreu wurde nichts weniger als das Flughafengebäude der philippinischen Hauptstadt rekonstruiert. Rolf Zehetbauer, der unter anderem Das Boot und Cabaret ausstattete, hat den Großteil eines Jumbos im Verhältnis eins zu eins nachbauen lassen, zwei Wartehallen sowie Flughafenrestaurant und Bar aufgebaut.

Der Regisseur, der vor seinem Spielfilmdebüt Der Totmacher mit den Dokumentarfilmen Freundschaft in Deutschland und Warheads auf sich aufmerksam machte, betont: „Trotzdem machen wir einen Schauspieler- und keinen Ausstattungsfilm.“ Für die versammelte Journaille setzt er folglich sein Star-Ensemble groß in Szene. Sichtlich genießt es der 33jährige, die beeindruckenden Filmographien der Schauspielerprominenz aufzuzählen und jeden einzeln ins Rampenlicht zu führen: Jürgen Vogel, Michael Degen, Manfred Zapatka, Martin Semmelrogge und Elizabeth McGovern (Es war einmal in Amerika, Ragtime). „In die verliebe ich mich,“ verrät Vogel und deutet auf die attraktive Amerikanerin, „und habe als Soldat Rudi nur acht Stunden, sie für mich zu gewinnen – verdammt wenig Zeit.“

Viel mehr über die Story ist aber trotz mehrfachen Nachbohrens nicht zu erfahren – schließlich soll die Neugier der Zuschauer groß genug bleiben, um sich alles weitere im Kino anzuschauen. Vielleicht sitzen darunter einige bedröppelte Filmförderer aus Bayern oder Berlin und fragen sich, warum sie mal wieder nicht auf den richtigen Film gesetzt haben.

Arte zeigt in seiner Serie „Jahrtausendwende“ Karmakars Film „Frankfurter Kreuz“ (1998) am 27. November um 20.45 Uhr.