Die Central in Rio de Janeiro

Seit dem internationalen Erfolg des Film von Walter Salles ist die Central im Fokus des Medieninteresses. Eine der größten Zeitungen des Landes, das in Rio erscheinende Jornal do Brasil, widmete dem 1941 eingeweihten Gebäude, dem „Zentrum Brasiliens“, neun Seiten in der Wochenendbeilage: „Die Central do Brasil, die den Film inspirierte, der den Goldenen Bären in Berlin gewann, ist eine Synthese des Landes.“

1858 wurde an gleicher Stelle das erste Bahnhofsgebäude eingeweiht. Schnell avancierte die „Estrada de Ferro Don Pedro II“ zum Hauptumschlagplatz der aufstrebenden Hauptstadt Brasiliens. Hier rollten Waggonladungen voller Kaffee und anderer Exportgüter an, um im Hafen von Rio verschifft zu werden. Der Bahnhof vernetzte das Stadtzentrum mit den expandierenden Vororten in der Region, der „Baixada Fluminense“. Als in den Dreißigern unter der Ägide des autoritären Präsidenten Getulio Vargas – eines Bewunderers Hitlers und Mussolinis – ein neuer Bahnhofskomplex errichtet wurde, konnte die Architektur nicht bombastisch genug sein: 32 Stockwerke hoch bohrt sich der Turm in den Himmel von Rio de Janeiro – wobei allein die Bahnhofsuhr fünf Stockwerke in Beschlag nimmt. Mit dem allmählichen Niedergang des Zugverkehrs in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg blätterte auch der Putz vom Image der Central. Von den 300.000 Passagieren, die derzeit täglich im Bahnhofsgebäude zirkulieren, zieht es zwei Drittel gar nicht mehr zu den Zügen. Sie benutzen die Central als Passage von einem Busbahnhof zum nächsten oder zur nahegelegenen U-Bahn-Station. Gerade der Mittelklasse Rios klingt „Central do Brasil“ mittlerweile ungefähr so wie vielen Deutschen der Bahnhof Zoo von Christiane F. & Co. BB