Der US-Präsident besucht die Drogentransitroute

■ Clinton in Mexiko: Nach Einzelaktionen der US-Drogenbehörden ist das Verhältnis gespannt

Mexiko-Stadt (taz) – „Casablanca“ dürfte bei Mexikanern seit letztem Jahr keinerlei romantischen Assoziationen mehr wecken. Unter diesem Namen führten US-amerikanische Drogenbehörden im Mai 1998 eine Undercover- Operation zur Aufdeckung von Geldwäscherkartellen im Nachbarland durch – leider ohne die mexikanische Regierung davon zu informieren.

Der Coup, bei dem diverse Schlupflöcher infiltrierter Banken entdeckt, mehrere Millionen Dollar beschlagnahmt und verdächtige Konten aufgespürt wurden, stieß in Mexiko auf einhellige Empörung über den „Eingriff in die nationale Souveränität“. Ein Happy- End ist vorerst nicht in Sicht: Vor wenigen Tagen gab Bundesstaatsanwalt Jorge Madrazo bekannt, daß man fünf wegen Geldwäscherei festgenommene Bankangestellte nun doch nicht an die USA auszuliefern gedenke. Im Gegenzug werden in Los Angeles 27 narco-verdächtige Mexikaner festgehalten, obwohl diese nach Ansicht des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag in ihrer Heimat vor Gericht gestellt werden müssen.

Der zweitägige Besuch von Bill Clinton, der am Sonntag zum Treffen mit seinen Amtskollegen Zedillo auf der Karibikinsel Yucatán eingetroffen ist, soll nun offenbar Abhilfe in der bilateralen Verstimmung schaffen. Ganz oben auf der Tagesordnung steht wieder einmal das Drogenthema. Der Schauplatz des Minigipfels, die malerische Karibik-Halbinsel Yucatán, ist passend gewählt: Erst kürzlich wurde die Halbinsel von Ermittlungsbehörden als „Drogenparadies“ enttarnt, ein Drittel des südamerikanischen Kokains soll via Schiffsladung inzwischen von Kolumbien über die mexikanische Karibikküste in die USA gelangen.

Erst vor wenigen Tagen hatte der mexikanische Innenminister Francisco Labastida eine neue Anti-Drogen-Strategie vorgestellt, nach der es von allem mehr geben soll: mehr Koordination, mehr Technologie – und mehr Geld. Danach würde Mexiko immerhin 1,5 Prozent seines Haushalts für den Kampf gegen die Drogenkartelle ausgeben – in den USA, der mit Abstand größte Kokainverbraucher der Welt, ist es dagegen nur 1 Prozent.

Nicht minder konfliktbeladen ist ein anderer Tagesordnungspunkt, an dem besonders der mexikanischen Seite gelegen ist: die nicht abreißenden Ströme von sogenannten „illegalen“ Arbeitsmigrantinnen gen Norden. Im vor fünf Jahren in Kraft getretenen Freihandelsabkommen Nafta ist das Thema der Arbeitskräfte-Mobilität völlig ausgeklammert. Freihandelsbefürworter in beiden Ländern behaupteten damals, daß sich das Problem der illegalen Migration via freiem Güter- und Kapitalverkehr gewissermaßen von selbst lösen würde. Nun hat sich mit Nafta das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern tatsächlich verdoppelt. Die Abhängigkeit Mexikos aber ist heute größer denn je: Während sich 80 Prozent des mexikanischen Außenhandels auf die USA konzentrieren, wickelt diese gerade mal 7,5 Prozent ihrer Export/Import-Geschäfte mit Mexiko ab. Auch sonst ging die Nafta- Rechnung nicht auf: Weder hat sich das Einkommensniveau im Billiglohnland Mexiko erhöht noch ist die Zahl der MexikanerInnen, die angesichts verstopfter Arbeitsmärkte und der brachliegenden Landwirtschaft ihr Glück im reichen Nachbarland versuchen, zurückgegangen.

Verschärft hat sich in den letzten Jahren lediglich der Versuch der USA, ihre über 3.000 Kilometer lange Südgrenze wasserdicht abzuschotten. Flankiert von schärferen Einwanderungsgesetzen, wurde im Zuge der Operation „Gatekeeper“ seit 1994 systematisch die militärische Grenzsicherung betrieben: die Errichtung neuer martialischer Schutzwälle, die Aufstockung und Aufrüstung der Grenzpolizei mit Waffen und Technologie. Rund 360 Menschen hat die militärische Abschottung allein im Niemandsland ums zweigeteilte Kalifornien in den letzten vier Jahren das Leben gekostet. Anne Huffschmid