Partei für „Reformasi“

■ In Malaysia will eine neue Partei Regierungschef Mahathir herausfordern

Bangkok (taz) – Während der frühere Vizepremier Anwar Ibrahim im Gefängnis auf sein Urteil wartet, hat seine Frau Wan Azizah Ismail der Regierung den Fehdehandschuh hingeworfen. Um die zersplitterte Opposition um sich zu scharen, gab sie am Wochenende in Kuala Lumpur vor über 3.000 Anhängern die Gründung der Nationalen Gerechtigkeitspartei bekannt. Sie soll die jahrzehntelange Vorherrschaft der Nationalen Vereinigten Partei der Malayen (UMNO) von Premierminister Mahathir Mohamad brechen.

Unterstützung hoffen Anwars Anhänger vor allem in der „politischen Mitte“ zu finden, verkündete Wan Azizah im Ballsaal eines Fünf-Sterne-Hotels. Oppositionsparteien und regierungsunabhängige Organisationen des Landes müßten „zusammenarbeiten und ihre Differenzen ruhen lassen, um Malaysia aus dem Würgegriff von Krise und Unterdrückung zu befreien“, so die Augenärztin. Sie führt seit der Verhaftung ihres Mannes im September seine „Reformasi“-Bewegung.

Der Machtkampf zwischen Mahathir und seinem früheren langjährigen Vertrauten und Kronprinzen erschüttert seit Monaten das Land. Anwar verlor Anfang September alle Ämter und wurde nach großen Protestkundgebungen verhaftet. In der Haft wurde er vom damaligen Polizeichef verprügelt und wegen Amtsmißbrauchs zur Vertuschung angeblicher sexueller Verfehlungen vor Gericht gestellt. Nach dem mit 77 Prozeßtagen längsten Verfahren in der malaysischen Rechtsgeschichte will der Richter am 14. April das Urteil verkünden.

Anwar streitet weiterhin alle Vorwürfe ab und sieht sich als Opfer einer „Verschwörung auf höchster Ebene“.

Anders als die meisten politischen Organisationen Malaysias soll die neue „Gerechtigkeitspartei“ gezielt Mitglieder aller religiösen und ethnischen Volksgruppen ansprechen. Allerdings wolle sie wie die Regierung die ethnischen Malayen, die rund 50 Prozent der Bevölkerung des Landes stellen, wirtschaftlich besonders stützen, kündigte der Parteivize Chandra Muzaffar an, ein bekannter Mahathir-Kritiker und Intellektueller. Auch der chinesisch-stämmige Vorsitzende der oppositionellen Koalition für die Demokratie des Volkes, Tian Chua, gehört zu den Führern der neuen Partei.

Anwar selbst will vorerst nicht, der Partei seiner Frau beitreten, hieß es in Kuala Lumpur. Offenbar will er sich die Möglichkeit eines Comebacks in der Regierungspartei UMNO offenhalten. Unklar sind die Chancen der neuen Partei, Mahathir gefährlich zu werden. Denn trotz wachsender Kritik am Premier bleibt die Regierungspartei weiterhin stark. Jutta Lietsch