Bewag: 1.000 Stellen mehr kürzen

■  Die Produktionskosten für Strom liegen nach interner Unternehmensstudie in Berliner Kraftwerken meilenweit über denen der Konkurrenz. Ergo: sparen, kürzen, streichen

Der Energieversorger Bewag peilt an, weitere 1.000 Stellen zu streichen. Diese geplanten Kürzungen gehen weit über das hinaus, was mit Gewerkschaft und Betriebsrat bislang vereinbart wurde. Während heute noch 8.500 Beschäftigte im Unternehmen arbeiten, sollen es Ende 2002 nur noch 5.200 sein. Während Kündigungen ausgeschlossen bleiben, sollen Vorruhestand, Arbeitszeitverkürzungen und Abfindungen intensiviert werden.

Arbeitsplätze sollen auf allen Ebenen eingespart werden. Wenn der Bewag-Vorstand seine Planung verwirklicht, werden die Kraftwerke des Unternehmens einen Großteil dazu beitragen. In einem Papier mit dem Titel „Target costing Kraftwerke“ sind die Produktionsausgaben für Strom in den einzelnen Anlagen aufgelistet. Für eine Kilowattstunde des Kraftwerks Lichtenberg muß die Bewag demnach fast 25 Pfennig ausgeben, in Klingenberg 21. Am billigsten produziert heute die Anlage Reuter C mit etwa neun Pfennig. In allen zehn Kraftwerken liegen die Kosten meilenweit über den Ausgaben anderer Stromkonzerne. Dieser „Wettbewerbspreis“ schwanke zwischen vier und sechs Pfennig pro Kilowattstunde, heißt es in dem Papier. Im Vergleich zu westdeutschen und europäischen Anbietern produziert die Bewag teurer, weil während der Mauerzeiten die autarke Versorgung im Mittelpunkt stand, die Kraftwerke meist kleiner sind und mehr Personal beschäftigten. Nach der Liberalisierung des Energiegesetzes 1998 drängen nun zunehmend auswärtige Produzenten auf den bisher abgeschottenen Markt. Die Bewag muß ihre Verbraucherpreise senken, will sie nicht massiv Kunden verlieren.

Doch die Bewag weiß, daß auch weitere 1.000 abgebaute Stellen ihre Anlagen nicht konkurrenzfähig machen. Selbst dann sind die Produktionsausgaben in acht von zehn Werken höher als bei der Konkurrenz. Demzufolge seien für die Kraftwerke Oberhavel, Moabit, Mitte, Rudow, Lichterfelde, Klingenberg, Lichtenberg und Charlottenburg weitere Sparmaßnahmen notwendig. Darunter verstehen die Autoren des Papiers die Abschaffung und Zusammenlegung ganzer Abteilungen. So prüft man, die Werkstätten in Moabit und Reuter zu reduzieren oder zu schließen. Außerdem soll in eine neue, personalsparende Leittechnik investiert werden.

Daß westdeutsche und europäische Konkurrenten mit billigerem Strom der Bewag Kunden abjagen, ist keine leere Drohung. Am vergangenen Mittwoch entschied das Bundeskartellamt, daß die Bewag mehr Importstrom in ihr Netz einspeisen muß. Einstweilen allerdings kann sich das Unternehmen einer Atempause erfreuen: Die Energieaufsicht von SPD-Umweltsenator Peter Strieder hält zusätzliche Importlieferungen derzeit für unmöglich, weil die Kapazität der Verbundleitung zwischen Berlin und Westdeutschland nicht ausreiche. Hannes Koch