Heftiger Streit um Wahlergebnis

In Makedonien siegt der Kandidat der Regierungspartei. Die Opposition spricht von Wahlbetrug und kündigt Proteste an. OSZE sieht Probleme  ■   Von Erich Rathfelder

Sarajevo (taz) – Vor zwei Wochen waren die Mitglieder der regierenden Partei VMRO in Makedonien noch am Boden zerstört. Jetzt können sie wieder jubeln. Denn ihr Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten, Boris Trajkovski, hat es im zweiten Wahlgang doch noch geschafft. Der 43-Jährige erhielt 592.000 Stimmen. Dagegen konnte der Kandidat der Exkommunisten, der nach dem ersten Wahlgang mit 112.000 Stimmen führende Tito Petkovski, nach der Verkündigung der Resultate seine Enttäuschung nicht verhüllen. Er erhielt nur 514.700 Stimmen. Petkovski sprach von Wahlbetrug. Im Westen des Landes seien 225.000 gefälschte Stimmen der albanischen Minderheit in die Urnen gelangt. Auch die Wahlkommission stellte fest, dass in fünf Wahlbezirken die Zahl der abgegebenen Stimmzettel höher lag als die der Wahlberechtigten. Ein Vertreter der OSZE bestätigte im Fernsehen, dass es im Westen „Probleme“ gegeben habe, nannte aber keine Einzelheiten. Die Opposition kündigte Massendemonstrationen gegen diesen „Wahlbetrug“ an.

In der Tat ging es bei dieser Wahl um die Zukunft des Landes. Während die Parteien der Regierungskoalition, darunter die größte Albanerpartei des Landes unter Arben Xhaferi, für eine Anlehnung an den Westen eintreten, waren im Block der Exkommunisten, der „Sozial-Demokratischen Union Makedoniens“, antiwestliche Töne zu hören. Der 54-jährige Tito Petkovski scheute sich nicht, mit antialbanischen und nationalistischen Parolen auf Stimmenfang zu gehen. Rechnet man lediglich die slawisch-makedonischen Stimmen, dann hätte er die Mehrheit gewonnen. Erst die rund ein Drittel der Bevölkerung und ein Viertel der Wähler stellenden Albaner verhalfen Boris Trajkovski zum Sieg. Es war nicht leicht für Xhaferi, die Albaner an die Wahlurnen zu locken, um für einen slawischen Makedonier zu stimmen. Sie mussten alle Wünsche nach einer Vereinigung mit Albanien und Kosovo aufgeben. Die Einsicht, dass die Zukunft des Landes in einem Zusammenleben der beiden Nationen und einer engen Kooperation mit der Europäischen Union und der Nato liegt, haben die Wähler Trajkovskis zusammengeführt.

Boris Trajkovski ist als Politiker der jungen Generation unbelastet, er verfügt über keine „kommunistische Vergangenheit“. Als führendes Mitglied der Methodistischen Kirche fällt er zudem aus dem Rahmen der makedonischen Politiker, er kann unbelasteter mit den islamischen Glaubensgemeinschaften umgehen. Ein „Kulturkampf“ zwischen der orthodoxen Mehrheit und den Mitgliedern islamischer Glaubensgemeinschaften, denen die Albaner angehören, soll anders als in Serbien in Makedonien vermieden werden. Überraschend war auch, dass die Anhänger des im ersten Wahlgang selbst angetretenen Außenministers Vasil Tupurkovski für Trajkovski gestimmt haben.