Hat Helmut Kohl seine Partei gekauft?

Die Christdemokraten werden panisch. Immer mehr Hinweise lassen darauf schließen, dass ihr Übervater Helmut Kohl von der Existenz schwarzer Konten gewusst und diese auch eifrig genutzt hat  ■   Von Tina Stadlmayer

Berlin (taz) – In der CDU bricht allmählich Panik aus. Täglich verdichten sich die Hinweise, dass Schmiergelder des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber auf schwarzen Konten der Partei landeten, über die Altbundeskanzler Helmut Kohl höchstpersönlich verfügte. „Ich könnte belegen, dass der damalige CDU-Vorsitzende Helmut Kohl an der Herkunft weit geringerer Beträge als eine Million Mark sehr interessiert war“, verriet Ex-CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep der Bild am Sonntag. Leider habe ihn die Staatsanwaltschaft verpflichtet, keine Interviews über die Spendenaffäre mehr zu geben, so Kiep.

Auch Heiner Geißler, von 1977 bis 1989 Generalsekretär der CDU, belastet seinen ehemaligen Chef schwer. Er übt damit späte Rache an seinem Intimfeind Helmut Kohl, der ihn 1989 gefeuert hatte. Geißler gibt zu Protokoll, er glaube nicht daran, „dass es große Finanzvorgänge gab, von denen der Parteivorsitzende nichts gewusst hat“. Während seiner Zeit als Generalsekretär seien „Zuwendungen an Landesverbände nicht alle über die Bundesgeschäftsstelle gelaufen“. Zuvor hatte Geißler schon bestätigt, dass es bei der CDU schwarze Konten gegeben habe. Dagegen habe er „mehrfach Widerspruch eingelegt – leider ohne Erfolg“.

Ganz so machtlos, wie er es darstellt, war Heiner Geißler als Generalsekretär jedoch nicht. Er war mit verantwortlich dafür, dass 1989 der Hauptabteilungsleiter im Adenauer-Haus Rüdiger May entlassen wurde. Der Spiegel berichtet, May habe sich geweigert, seine Unterschrift unter die Abschlussrechnung der Partei für das Haushaltsjahr 1988 zu setzen. Er hatte sich an einer Zahlung von 800.000 Mark von einem Treuhandkonto des CDU Steuerberaters Weyrauch gestoßen. May habe Weyrauch gefragt, wo das Geld herkomme, und zur Antwort bekommen, man müsse nicht alles wissen. Intern rechtfertigte May damals die Verweigerung seiner Unterschrift damit, dass er einer versteckten Parteienfinanzierung keinen Vorschub habe leisten wollen. Dafür wurde er gefeuert, bekam eine satte Abfindung und wurde zum Stillschweigen verpflichtet.

Der Spiegel behauptet, die Kanzlei Weyrauch habe „wie eine edle Geldwaschanlage funktioniert“. Der „Zufluss ins offizielle Parteivermögen sei still und diskret“ gelungen. Offenbar erkaufte sich der Patriarch Kohl auch die Zustimmung verschiedener Landesverbände mit Hilfe dieser schwarzen Konten.

Der Bundestag überprüft inzwischen, ob die CDU gegen das Parteienfinanzierungsgesetz verstoßen hat. Falls die Partei anzeigenpflichtige Spenden nicht gemeldet habe, drohen Strafgelder, die für sie „den Ruin“ bedeuten könnten, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses, Wilfried Penner (SPD). Auch die Sozialdemokraten sind jedoch möglicherweise in die Parteispendenaffäre verstrickt. Focus meldet, der jetzige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Helmut Wieczorek (SPD), habe 1991 als Geschäftsführer einer Thyssen-Firma einen Teil der Lieferung von Panzern nach Saudi-Arabien abgewickelt. Wieczorek sei ein Duzfreund des Waffenhändlers Schreiber. Auch der Sohn des Sozialdemokraten habe als Architekt am Bau eines mit dem Panzerprojekt zusammenhängenden Ausbildungszentrums verdient.