Rar gewordene deutsche Waldeinsamkeit

■ Dort, wo der Wolf dem Rotkäppchen begegnete: der Nationalpark Kellerwald

„Das Beste für Natur und Region – Nationalpark Kellerwald“. So der Spruch auf dem Riesentransparent, das Greenpeace an der Staumauer der Edertalsperre aufhängte .Europäisches Naturerbe oder gar ökologisches Welterbe – in der nunmehr zehnjährigen Debatte um den Buchen-Nationalpark Kellerwald spielten solche Begriffe eine Rolle. Vollmundige Propaganda von Naturschützern? Nein, eine ganz nüchterne Ableitung aus einer Analyse der weltweiten Waldvorkommen.

Fagus sylvatica, die Rotbuche, und die von ihr bestimmten Waldökosysteme sind – bis auf einen Ausläufer am Kaukasus – nur in Europa anzutreffen. Ein Gürtel zwischen Atlantik und Schwarzem Meer, Südskandinavien und Nordgriechenland ist das Buchenareal der Welt. Nur hier bilden Buchenwälder die potentielle natürliche Vegetation. Mitteleuropa ist das Zentrum dieses Areals. Deutschland ist ein Buchenland. Potentiell, das heißt, wenn der Mensch nicht tätig wäre, würden Buchenmischwälder hier weite Flächen bedecken. Nur hat der Mensch es längst geschafft, die potentielle natürliche Vegetation im realen Landschaftsbild radikal zu reduzieren.

Die – relativ – großen, unzerschnittenen Flächen von Kellerwald, Hainich, Steigerwald, Rheingau oder Bienwald sind eigentlich nur winzige, inselartige Restbestände. Aber trotzdem – neben dem Wattenmeer – die einzigen einheimischen ökologischen Schatzkammern von internationaler Bedeutung. Sozusagen unsere Regenwälder.

Die hessische Landesregierung unter Eichel hatte sich nach endlosem Hin und Her und sehr halbherzig dazu durchgerungen, den Kellerwald zum ersten europäischen Buchen-Nationalpark zu erklären. Der Machtwechsel in Wiesbaden kam dazwischen. Die CDU-Regierung hob die Pläne sofort auf. Der neue Umweltminister Dietzel wollte sogar die über 120-jährigen Buchen wieder zum Abholzen freigeben. Erst nach massiven Protesten hat er diese Ankündigung Ende August zurückgenommen.

Der Kellerwald ist ein Kleinod für diejenigen, die mit der rar gewordenen Waldeinsamkeit noch etwas anfangen können. Bis Ende Dezember finden jeden Samstag geführte Waldgänge statt.

Ulrich Grober

Infos: Verein Kellerwald-Edersee in Bad Wildungen, Tel.: (05621) 945 42) oder Hessisches Forstamt Edertal, Tel.:(05623) 40 35. Dort ist auch eine gute Wanderkarte im Maßstab 1:30.000 erhältlich. Einen Exkursionsführer für das Naturschutzgebiet Hünselburg hat das Hessische Forstamt herausgegeben, Tel.: (05635) 888 80.

Weitere Infos und Quartiere: Edersee Touristic GmbH in Waldeck, Tel.: (05623) 999 80); Touristikzentrale Waldeck-Ederbergland in Korbach, Tel.: (05631) 95 43 59; Feriendorf Frankenau, Tel.: (06455) 91 90). Literatur: Norbert Panek: „Kellerwald und Edersee. Naturraumführer“. ISBN 3-932583-01-9, 24,80 DM.