Ausverkauf im Bergbauparadies

In Sambia enden 30 Jahre nationalistischer Wirtschaftspolitik: Die riesigen, aber derzeit verlustbringenden Kupfer- und Kobaltminen werden verkauft ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Es ist ein Ausverkauf erster Klasse, nahezu eine Unterwerfung. Die Kupfer- und Kobaltminen von Sambia, einst die ertragreichsten und mit die größten der Welt, sind seit dieser Woche in den Händen ausländischer Investoren. Der Staatskonzern Zambia Consolidated Copper Mines (ZCCM) ist so gut wie zerschlagen.

Am 15. Dezember unterzeichneten Sambias Regierung und der südafrikanische Bergbaukonzern Anglo-American einen Vertrag, der zum Ende Januar das Eigentum an drei Minen, die insgesamt 70 Prozent der sambischen Kupferproduktion ausmachen, für 90 Millionen Dollar plus ein Vielfaches an Investitionszusagen an die Südafrikaner überträgt. Am Montag folgte die Ankündigung, zwei weitere Minen gingen für 102 Millionen Dollar an ein vom kandischen Konzern First Quantum geführtes Konsortium. Die beiden Privatisierungen sind Endpunkt einer Reihe, die im Sommer 1997 mit dem Verkauf einer Kupfermine an die indische Binani Group begann.

Mit dem Aus für die Staatsfirma ZCCM, die nur noch kleinere Anteile an diversen Bergwerken behält, kehrt Sambias Bergbauindustrie zu ihren kolonialen Ursprüngen zurück. Bereits 1927 hatten zwei Tochterfirmen der südafrikanischen Anglo-American die Kupfervorkommen in großem Stil ausgebeutet, die im nördlichen Sambia direkt neben den Bergwerken des damaligen Belgisch-Kongo entdeckt worden waren. Erst 1970, sechs Jahre nach der Unabhängigkeit, wurden die beiden sambischen Bergbaubetriebe vom sozialistischen Präsidenten Kenneth Kaunda verstaatlicht und 1982 zur ZCCM zusammengelegt.

Damals war Sambia vom Kupfer so abhängig wie die arabischen Golfstaaten vom Öl. Aber seit Mitte der 70er-Jahre begannen die Kupferpreise auf dem Weltmarkt ins Bodenlose zu sinken. Die Minen wurden zu einem Zuschussgeschäft und ruinierten die Wirtschaft.

Zuletzt musste die sambische Regierung der ZCCM monatlich 14 Millionen Dollar zur Verlustdeckung zuschießen – Geld, das im ärmsten Land des südlichen Afrika bitter woanders nötig gewesen wäre. Sambias Bruttosozialprodukt schrumpfte 1998 um zwei Prozent, und dieses Jahr wird mit gerade bloß 1,2 Prozent Wachstum das Nettoeinkommen erneut sinken. Außerdem ist die Privatisierung der ZCCM eine von mehreren Bedingungen für die Freigabe von 530 Millionen US-Dollar an Krediten internationaler Geldgeber, die seit Mai 1998 gesperrt sind.

Die Privatisierung war somit ökonomisch unumgänglich. Aber sie rührt an politische Sensibilitäten. In den Bergbaugebieten um Kitwe und Ndola entstand sowohl die antikoloniale Befreiungsbewegung der 50er- und 60er-Jahre wie auch die Demokratiebewegung der späten 80er-Jahre. Die seit 1991 regierende „Bewegung für Mehrparteiendemokratie“ (MMD) unter Frederick Chiluba wuchs in den Berarbeitergewerkschaften heran. So stößt Chilubas Privatisierungspolitik auf vielfachen Widerstand. Nicht zuletzt, weil mit den Minen auch Wohnanlagen und soziale Einrichtungen für die noch 55.000 ZCCM-Arbeiter verkauft werden.

Der verdeckt ausgetragene Streit um die Zukunft der ZCCM hat dazu geführt, dass die Regierung ein selten schlechtes Geschäft gemacht hat. In den beiden Verträgen dieses Monats bekam sie 192 Millionen Dollar für fünf Minen – dabei hatte noch vor einem Jahr ein von Anglo-American geführtes Konsortium 292 Millionen allein für die beiden größten dieser fünf Minen geboten. Damals scheiterte das Geschäft an diversen Kleinigkeiten. Im neuen Paket für Anglo-American sind jetzt auch die noch zu erschließenden Minen von Konkola erhalten, deren Erze die weltweit höchste bekannte Kupferkonzentration aufweisen.

Anglo-American sichert sich damit einen Platz im Herzen des größten afrikanischen Bergbaugürtels – und er ist ausbaufähig. Direkt nebenan, auf der anderen Seite der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo, liegen die riesigen, weitgehend brach liegenden Bergwerke des kongolesischen Bergbaukonzerns Gécamines, auf die die Südafrikaner seit Jahren gierig ein Auge werfen. Kongos Regierung hat die Leitung der Gécamines nach einem kurzen Flirt mit dem Simbabwer Billy Rautenbach vor kurzem an einen Belgier übertragen, und die Chancen für einen südafrikanischen Einstieg stehen gut. First Quantum, der jüngste Erwerber sambischer Minen, besitzt bereits Förderrechte im Kongo.