Streit um Mindestrenten für arme Alte

Vorschläge zur Rentenreform: Union gegen Mindestrente, aber auch für langsameren Rentenanstieg

BERLIN taz ■ Die von der rot-grünen Regierung geplante Grundsicherung im Alter sei ein „falsches Signal“, sagte der Rentenexperte der Union, Ex-Gesundheitsminister Horst Seehofer, CSU. Zwei Tage vor der nächsten Runde der Rentenkonsensgespräche zwischen Regierung und Opposition stellte er klar, dass es eine solche Grundsicherung mit der Union nicht geben werde.

Sozialminister Walter Riester hatte vorgeschlagen, dass niedrige Renten auf Sozialhilfeniveau aufgestockt werden sollen, ohne dass dabei die Kinder der betroffenen RentnerInnen zur Kasse gebeten werden. Dies, so Seehofer würde dazu führen, dass „ein erheblicher Teil der Bevölkerung auf die private Eigenvorsorge verzichtet“. Auch der sächsische Ministerpräsident Biedenkopf habe am Wochenende signalisiert, er werde sein Grundsicherungsmodell nicht weiter vertreten.

Ein Sprecher Biedenkopfs sagte dagegen zur taz, das sei „nicht zutreffend“: „Der Ministerpräsident hat sich nicht von seiner politischen Grundüberzeugung verabschiedet.“

Sozialminister Riester will am Donnerstag mit den Vertretern der anderen Parteien vor allem über das Thema „Grundsicherung“ reden. Seehofer jedoch setzt einen anderen Schwerpunkt. Die Einzelfragen der Rentenreform seien weitgehend durchgekaut, jetzt müsse es um die Kernfragen gehen: Nach welcher Formel soll die Rente in Zukunft berechnet werden?

Ohne Rentenreform, so Seehofer, werde der Beitragssatz in 30 Jahren bei 24 bis 26 Prozent liegen, heute sind es 19,3. Die Union ist sich mit Sozialminister Riester einig, dass die Beiträge möglichst stabil bleiben sollen. Sie will dies über einen demografischen Faktor erreichen, nach dem das Rentenniveau langsam, aber sicher abgesenkt wird.

Riester will dagegen die jährliche Rentensteigerung für die kommenden zwei Jahre erst an die Inflationsrate und dann wieder an die Nettolöhne anpassen. Der Betrag, den die Versicherten für die private Vorsorge aufbringen, soll bei der Berechnung der durchschnittlichen Nettolöhne mit einbezogen werden. So würden auch nach diesem Modell die Renten langsamer steigen.

Einig sind sich Regierung und Opposition inzwischen, dass eine freiwillige Privatvorsorge in Höhe von 2,5 Prozent des Bruttolohns notwendig sein wird. Wer unter 60.000 Mark verdient, soll, so Riester, einen Zuschuss von 250 Mark im Jahr bekommen.

Weitgehend einig sind sich Regierung und Opposition auch darüber, dass die private Vorsorge und später der gesamte Rentenbeitrag steuerlich absetzbar sein sollen. Langfristig müssen im Gegenzug die Renten besteuert werden. Riester will eine Stufenregelung bei der Einführung der nachgelagerten Besteuerung, um die Steuerausfälle überschaubar zu halten.

Nach der Konsensrunde am Donnerstag wollen sich Union und Regierungslager zu getrennten Klausuren zurückziehen. Dann steht ein Gespräch der Parteivorsitzenden mit Bundeskanzler Schröder auf dem Programm.

TINA STADLMAYER