Bahn frei für die Rente

Regierung und Union sind sich einig: Es wird eine gemeinsame Rentenreform geben. Knackpunkt bleibt die soziale Grundsicherung

BERLIN taz ■ „Eine Sozialhilfe de Luxe wird es mit uns nicht geben“, verkündete der Sozialexperte der Union, Horst Seehofer, nach dem Abschluss der gestrigen Rentenkonsensgespräche. Auch die Grünen sind offenbar von den Plänen des Arbeitsministers nicht begeistert.

Riester hatte vorgeschlagen, niedrige Renten sollen aus Steuermitteln auf Sozialhilfeniveau aufgestockt werden. Damit will er ärmeren RentnerInnen den Weg zum Sozialamt ersparen. Die soziale Grundsicherung im Alter soll – im Gegensatz zur Sozialhilfe – unabhängig vom Vermögen der Kinder bezahlt werden. Seehofer sagte, dies wäre ein „falsches Signal“. Denn: Der Anreiz, eine private Zusatzversorgung abzuschließen, sei geringer, wenn die Menschen davon ausgehen könnten, dass sie im Alter auf jeden Fall die soziale Grundsicherung bekommen. Seehofer sagte zur taz: „Über das Thema Altersarmut müssen wir im Zusammenhang mit einer Reform des Sozialhilferechts nachdenken.“ Es sei wichtig, die Sozialhilfe aus dem „Geruch der Fürsorge“ herauszubringen. Die Anspruchsberechtigten sollten ihr Geld in Zukunft unbürokratischer bekommen als heute. Die Grünen wollen eine Grundsicherung im Rahmen des Sozialhilferechts einführen. Rentenexpertin Göring-Eckardt sagte, die Rentenreform müsse „armutsfest“ sein. Wie dies zu erreichen sei, „darüber kann man reden“.

Arbeitsminister Riester legte gestern einen Zeitplan für die Rentenreform vor, nachdem am Mittwoch die Bild unter der Überschrift „Eichel für Verschiebung der Rentenreform“ den Finanzminister zitiert hatte: „Am vernünftigsten wäre es, wir würden die gesamte Rentenreform erst beschließen, wenn das Verfassungsgerichtsurteil vorliegt.“ Das anstehende Urteil zur Besteuerung der Renten wird jedoch erst im kommenden Jahr erwartet. Riester verkündete gestern, dass es beim alten Zeitplan bleibe. Falls das Urteil noch rechtzeitig komme, werde es in die endgültige Fassung der Rentenreform „eingearbeitet“.

Der Grund für Riesters Eile: Er möchte die Reform unbedingt Anfang kommenden Jahres, vor Beginn des Bundestagswahlkampfes, durchbringen. Der Arbeitsminister fürchtet, danach werde die Union der anvisierten Senkung des Rentenniveaus nicht mehr zustimmen.

Der CSU-Rentenexperte Seehofer stimmte Riester zu, dass die Rentenreform unabhängig von dem erwarteten Urteil „beraten und entschieden“ werden soll. Riester habe ihm zugesagt, dass die Bundesregierung am 8. Juni ein Konzept zu den Kernpunkten der Reform vorlegen wird. Einen Tag zuvor wird sich Finanzminister Eichel mit den Rentenexperten von Regierung und Opposition treffen. Am 13. Juni soll dann ein Spitzengespräch mit den Parteivorsitzenden stattfinden.

Nach wie vor ist unklar, ob die Union heute im Bundesrat die Verordnung zur Rentenanpassung blockieren wird. Ab dem 1. Juli sollen die Renten für zwei Jahre an die Inflationsrate von 0,6 Prozent gekoppelt werden. Bayern wird auf jeden Fall einen Antrag einbringen, dass die Renten um ein Prozent erhöht werden sollen.

TINA STADLMAYER

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