Warten auf die Wende

Allen optimistischen Prognosen zum Trotz: Die Arbeitslosigkeit in Berlin und Brandenburg verharrt auf hohem Niveau. Die Ursachen dafür sind die Krise am Bau und der Rückgang der Arbeitsförderung

von RICHARD ROTHER

Alle optimistischen Prognosen, die eine Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt vorhersagten, haben sich als Wunschdenken entpuppt: Die Arbeitslosigkeit in der Region verharrt auf hohem Niveau. Trotz intensiver Bewegung auf dem Arbeitsmarkt „kam die Arbeitslosigkeit im letzten Jahr nicht recht vom Fleck“, heißt es in der Arbeitsmarktbilanz 2000, die das Landesarbeitsamt gestern vorstellte. In Berlin-Brandenburg waren demnach im Jahr 2000 durchschnittlich 491.100 Menschen arbeitslos gemeldet, genauso viele wie 1999. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,2 Prozentpunkte auf 16,3 Prozent. Der Rückgang ist aber nur ein statistischer Effekt, der auf die gestiegene Erfassung geringfügig Beschäftigter zurückzuführen ist.

Besorgnis erregend ist darüber hinaus die Entwicklung bei einzelnen Problemgruppen. So nahm die Zahl arbeitsloser Jugendlicher in der Region deutlich zu: um 5.500 auf 56.200. Ursache ist die Krise im Baugewerbe, wo besonders viele Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung unterkommen. Darüber hinaus ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen nochmals gestiegen. Mittlerweile ist mehr als jeder dritte Arbeitslose ein Jahr oder länger ohne Beschäftigung.

Die Hauptursache für die ernüchternde Jahresbilanz, die durch die aktuellen Dezember-Daten bestätigt wird, ist die Krise der Bauwirtschaft sowie der Rückgang der öffentlich geförderten Beschäftigung – etwa bei den so genannten Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen. Auf dem Bau gingen mit Abstand die meisten Jobs verloren. Aber auch das Verarbeitende Gewerbe, die Landwirtschaft und der öffentliche Dienst haben im vergangenen Jahr weniger Menschen beschäftigt als 1999 – obwohl es mit der Industrie, insbesondere in Brandenburg, deutlich aufwärts ging. Diese konnte aufgrund des schwachen Euro ihr Auslandsgeschäft ausweiten.

In Berlin dagegen wurde das steigende Wirtschaftswachstum, das gleichwohl hinter dem in den alten Ländern zurückblieb, hauptsächlich von den privaten Dienstleistern getragen. Neue Jobs entstanden beispielsweise in Call-Centern, Internet- und Wachschutzfirmen. Der Zuwachs an diesen – zumeist ungesicherten Jobs – konnte den Rückgang in anderen Branchen in der Region aber nicht kompensieren. Einen Lichtblick sehen die Statistiker dennoch: Der Abbau von Arbeitsplätzen dürfte sich im vergangenen Jahr gegenüber 1999 verlangsamt haben.

Die Entwicklung verlief regional unterschiedlich: In Berlin sank die Zahl der Arbeitslosen leicht um 3.300. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 15,8 Prozent – nach 15,9 Prozent im Vorjahr. Im Land Brandenburg stieg die Zahl der Arbeitslosen um 3.400 leicht an. Die Quote liegt bei 17,0 Prozent. In Brandenburg sind jedoch deutliche regionale Unterschiede zu verzeichnen: Während im Arbeitsamtsbezirk Potsdam die Arbeitslosenquote bei bei 11 Prozent liegt, ist sie in Rathenow oder Schwedt mehr als doppelt so hoch.

Das Berliner Umland dagegen ist das Musterländle der Region. Hier ist die Arbeitslosigkeit deutlich geringer als im Durchschnitt der beiden Bundesländer: 13 Prozent beträgt die Quote. Das liegt nicht nur am wirtschaftlichen Aufschwung im Speckgürtel, sondern auch an den zahlreichen Abwanderungen von relativ wohlhabenden Berlinern ins Umland, die nun in die Hauptstadt zur Arbeit einpendeln.