„Ich kann ja nichts anderes!“

Zehn Mal stand sie schon als „Bella Block“ vor der Kamera. Am Wochenende werden wieder knapp 6 Millionen Zuschauer erwartet: Hannelore Hoger über ihre Rolle als ältere Vorzeigefrau des ZDF und Zielscheibe der Satirezeitschrift „Titanic“

Hannelore Hoger, geboren 1941, zählt zu den profiliertesten Charakterköpfen im deutschen Theater- und Fernsehbetrieb, trat in „Rossini“ auf und stand u. a. für Peter Zadek auf der Bühne. Seit 1989 führt sie auch Regie.

taz: Kommissarin Bella Block steht seit 1994 für die Frau, die Männer zwar braucht, im Zweifel aber nicht auf sie angewiesen ist. Doch erst beim achten und jetzt beim zehnten Film der Reihe kommt eine weibliche Regie zum Zug.

Ich arbeite gern mit Männern, aber besonders gut mit Sherry Hormann. Mir gefällt ihr weiblicher Blick auf Bella.

Was ist weiblich?

Wir sind etwas offener mit unseren Gefühlen.

Worin besteht der Unterschied zum männlichen Blick auf Bella?

Jeder sieht jeden anders an. Der Reiz der Bella-Block-Reihe liegt darin, dass verschiedene Autoren und Regisseure unterschiedliche Aspekte der Figur betonen. Sherry Hormann arbeitet Bellas Verletzlichkeit stärker heraus. In „Geflüsterte Morde“ bin ich sehr hart angeblickt worden. Dem Regisseur hat das gefallen, mir weniger.

Gefällt Ihnen die Rolle der älteren Vorzeigeschauspielerin?

Ich verkörpere das, was ich bin. Ich kann ja nichts anderes. Aber es gibt schließlich auch andere Schauspielerinnen über 50, die sehr gut im Geschäft sind: Hannelore Elsner ist 56, Iris Berben 50, Senta Berger wird bald 60. Kürzlich hat die Presse in Hannelore Elsner die zweite Romy Schneider entdeckt. Dafür musste sie offenbar erst 50 werden. Vorher galt sie zwar schon als gut, aber in erster Linie als schön und erotisch, so als würde dieser Umstand ausschließen, dass sie auch spielen kann.

Was ist das Besondere an Bella Block im Vergleich zu anderen Kripofrauen?

Nur die Reihe ist etwas Besonderes. Bella selbst ist eine völlig normale Frau mit einem normalen Beruf. Sie ist nicht nur im Dienst aktiv, sondern hat auch Interesse am anderen Geschlecht – und zwar nicht nur sexuelles. So kommunikativ ist der körperliche Kontakt ja ohnehin nicht. Nirgendwo wird so viel gelogen wie auf diesem Gebiet. Aber der wichtigste Unterschied ist: Andere Kommissarinnen sieht man nur am Tatort und bei Ermittlungen. Die tollen Szenen haben die anderen, Frau Hauptkommissar schaut nur kurz in der Pathologie vorbei. Bella dagegen hat ein lebhaftes Privatleben.

Am liebsten liegt sie mit ihrem Freund im Bett.

Völliger Quatsch. Ich finde allerdings, dass man ältere Frauen nicht ins erotische Abseits stellen darf, und spreche das auch bei jeder Gelegenheit aus. Männer dürfen schließlich auch mit 80 noch Kinder machen. Dabei ist es unwahrscheinlich, dass sich ein Mann im dritten Frühling eine gleichaltrige Frau nimmt. Das kommt zwar auch vor, ist aber nicht die Regel. Schon gar nicht im Film. Es geht nicht an, dass man Männern etwas zugesteht, was man Frauen abspricht.

An welchen Film denken Sie?

Ich denke an den abfälligen Ton, in dem häufig über ältere Frauen gesprochen wird. Neulich habe ich einen Kurzfilm im Fernsehen gesehen. Da liegt ein Siebzigjähriger bei einem New Yorker Analytiker auf der Couch und hat einen Kater, ich meine einen Lebenskater. Mit den jüngeren, attraktiven Frauen laufe nichts mehr. Der Analytiker fragt ihn, ob denn nicht auch Frauen seines Alters in Frage kämen. Da sagt der: „Ich hab doch keinen Bock auf einen Hängebusen, der bis zu den Knien reicht!“ Also, das ist einfach widerlich. Und das Schlimmste daran: Man bemerkt es gar nicht mehr. Es kann einer so etwas denken, aber dem muss widersprochen werden.

Die Titanic macht sich gern über Sie lustig und hat Ihnen alkoholbedingte Ausfälle unterstellt. Ärgert Sie das?

Ich finde die Titanic gut. Nur die Redakteure finde ich feige, weil sie ihre Namen nicht nennen. Es ist immer leicht für einen Heckenschützen, aus dem dunklen Kellerfenster auf jemanden zu schießen, der im Licht steht.

Wo wurden Sie getroffen?

Gar nicht. Aber für diesen Artikel, gegen den ich mich mit einer Klage zur Wehr gesetzt habe, hat jemand gezielt sehr private Details lanciert und mit Kantinengeschwätz gemischt, um meinen Ruf zu schädigen. Das fand ich hinterfotzig. Ich hätte den Artikel übrigens nie gelesen, wenn man ihn mir nicht drei Wochen nach Erscheinen zugespielt hätte. Auch das war sicher kein Zufall.

Glauben Sie, dass jemand Sie demontieren will?

Da müsste er sich ein bisschen mehr anstrengen. Aber zu behaupten, ich hätte ein Alkoholproblem, ist keine Satire, sondern eine Lüge und außerdem Berufsschädigung. Und gegen die Verbreitung dieser Lüge habe ich mich gewehrt. Im Übrigen fühle ich mich geehrt, jetzt in jeder Ausgabe der Titanic vorzukommen. Ich wusste gar nicht, dass ich so interessant bin.

INTERVIEW: PHILIPP SCHULZ