Politveteran bereitet seinen Abgang vor

Georgiens Staatspräsident Eduard Schewardnase will nach Ablauf seiner Amtszeit nicht noch einmal kandidieren

Eduard Schewardnadse, 73, eine der letzten politisch aktiven Figuren aus der Zeit der Auflösung der früheren Sowjetunion, will nun auch bald aufs Altenteil. Im April 2000 war er noch einmal angetreten, um sich als Präsident des unabhängigen Georgiens für eine weitere Amtszeit wählen zu lassen. Rechtzeitig für alle potenziellen Nachfolger hat er nun öffentlich klar gemacht, dass für ihn am Ende seiner zweiten Amtszeit Schluss ist. Ein drittes Mal werde er nicht antreten, zumal dann die Verfassung geändert werden müsste, die nur zwei Amtsperioden zulässt.

Während die Ankündigung eines verfasungsgemäßen Rückzugs nach westlichem Verständnis eine Selbstverständlichkeit ist, setzt Schewardnadse in der Region damit durchaus Zeichen demokratischer Gesinnung. Seine Kollegen in Aserbaidschan, Turkmenistan und Usbekistan, die ebenfalls alle noch aus sowjetischer Zeit stammen, haben sich entweder auf Lebenszeit wählen lassen (Turkmenistan) oder aber die Verfassung so manipuliert, dass eine Dauerherrschaft nicht gefährdet ist. Vielleicht hat sich Schewardnadse nach einem bewegten politischen Leben aber auch nur dafür entschieden, wenigstens zum Ende noch etwas Ruhe zu genießen.

Schließlich ist Präsident von Georgien zu sein nicht gerade ein Traumjob. Seit der frühere Außenminister der Sowjetunion, der mit Michael Gorbatschow für die friedliche Auflösung des Imperiums steht, 1992 zunächst kommissarisch und ab 1995 als gewähltes Oberhaupt an der Spitze der georgischen Exekutive steht, hat er einen Bürgerkrieg und zwei Attentate knapp überlebt und muss bis heute ein Land verwalten, das jeden Tag am Rande des Zusammenbruchs steht.

Für den Bürgerkrieg mit den Provinzen Abchasien und Südossetien gibt es bis heute keine politische Lösung. Das behindert die ökonomische Entwicklung des potenziell reichen Landes schwer und hat dazu geführt, dass Georgien 2000 immer noch das einzige Land aus der Erbmasse der ehemaligen Sowjetunion war, in dem es keinen Aufwärtstrend gibt. Und das, obwohl Georgien durch die guten Kontakte Schewardnadses zum Westen prozentual mit Abstand die größte finanzielle Unterstützung aus Europa und den USA bekommt.

Kritiker werfen Schewardnadse deshalb vor, dass es ihm nicht nur nicht gelungen ist, dem Land Frieden und stabile Institutionen zu bringen, sondern dass er auch nichts gegen die grassierende Korruption unternommen hat. Wo, fragen sie, sind die Dollarmillionen aus den USA und Deutschland, und zeigen auf Günstlinge im Umfeld der Präsidentenfamilie. Doch trotz aller Kritik war Schewardnadse für die Mehrheit der Georgier bei den letzten Wahlen der einzig ernst zu nehmende Kandidat.

Nun hat das politische Establishment vier Jahre Zeit, Alternativen für die Nachfolge zu entwickeln. Das wird schwer, denn von einer normalen Parteiendemokratie im westlichen Sinne ist Georgien weit entfernt. Die Kultur verlangt nach starken Figuren, die sich mit großer patriarchalischer Geste ans Volk wenden und Widersacher unter den Tisch trinken oder in die Verbannung schicken. Wird die Nachfolgefrage deshalb nicht schnell gelöst, droht Georgien im Kampf diverser Provinzfürsten und Clanchefs der Verfall staatlicher Institutionen, die in den letzten Jahren so mühsam aufgebaut wurden. JÜRGEN GOTTSCHLICH