Kriegsberichterstatter unter Polizeischutz

Im pakistanischen Grenzgebiet begleitet die Polizei Journalisten bei jedem Schritt – angeblich zu deren eigenem Schutz

QUETTA taz ■ Mehrere hundert Journalisten, eingeschlossen in einem Hotel. Draußen, auf den Straßen von Quetta, ist die Hölle los. Am Dienstagmorgen ist Mullah Fazlur Rahman, der Führer der „Jamiat Ulema Islami“ und einer der Geburtshelfer der Taliban, für eine große Protestdemonstration in die pakistanische Grenzstadt gekommen. Doch die Prozession der Viergang-Pickups mit bewaffneten Taliban-Anhängern obenauf vollzog sich fern der Kameras. Die Journalisten stehen hinter den großen Eisentoren des Hotels „Serena“ und bestürmen die Polizisten, die sich die Verwünschungen anhören müssen wie das Knistern ihrer Walkie-Talkies.

Doch was den Journalisten wie Vorbeugehaft vorkommt, ist für Polizeioffizier Jehangir Falki ein Zeichen pakistanischer Gastfreundschaft. „Wir beschützen euch, denn diese Leute sind gefährlich. Die Polizei hat Order bekommen, sich entlang dem Prozessionsweg fünfzehn Fuß vom Straßenrand zurückzuziehen, damit sie unsichtbar sind und die Leute nicht provozieren. Ein Gerücht über den Tod von hundert Kindern aufgrund eines US-Luftangriffs, und Sie sind Freiwild. Ihr seht alle wie Amerikaner aus, ob ihr wollt oder nicht.“

Die gesamte Grenzregion zu Afghanistan ist für Journalisten geschlossen. Ein halbes Dutzend wird in Quetta täglich an die Grenze gelassen, auf zwei Kilometer des Grenzübergangs. Kameras sind verboten, und jedes Fahrzeug erhält Polizeischutz. Das gilt auch für jeden Journalisten, der das Hotel verlässt – und sei es, um sich beim Arzt den Magen zu kurieren.

Was dieser vermeintliche Schutz bewirkt, zeigt der Besuch in einem Flüchtlingslager bei Quetta. Die Journalisten haben sich daran gewöhnt, dass jedes fremde Gesicht einen kleinen Volksauflauf erzeugt. Doch die übereifrigen Wachmänner stoßen die Kinder mit ihren Gewehrkolben zurück, und es braucht einige Überredungskunst, um die aufgebrachten Väter doch noch zu einem Gespräch zu bewegen. Schutzmänner oder Gefängniswärter? Als am Dienstag Steine über das Eisentor des „Serena Hotel“ fliegen, lächeln die Polizisten zufrieden. „Glaubt ihr es uns jetzt?“, fragten sie. Einige Journalisten kratzen sich am Kopf.

BERNARD IMHASLY