Sex von glücklichen Huren

Das neue Gesetz gegen Liegebatterien lässt die Liebesdienerinnen aufatmen

Deutschlands Prostituierte können aufatmen. Ein Berufsstand, geächtet und im gesellschaftlichen Abseits, kann nun mit entscheidenden Verbesserungen seiner Arbeitsbedingungen rechnen. Denn der Bundesrat hat jetzt dem Gesetzentwurf zugestimmt, nach dem ab 2007 Sexbatterien für Prostituierte in Deutschland verboten werden. Wo heute einer Hure wenig mehr als die Fläche einer DIN A 4-Seite zusteht, um ihrer Arbeit nachzugehen, werden die Liebesdienerinnen ab 2007 gesetzlich vorgeschrieben nur noch in Bodenhaltung mit Einstreu und Freilauf die gewünschten Dienstleistungen erbringen.

Allerdings hat dieses Gesetz nicht nur Befürworter: Bei einem Ausstieg Deutschlands aus der Batteriehaltung vor den europäischen Nachbarn befürchten Ökonomen den Einbruch des deutschen Sexmarktes. Sie rechnen mit einem Rückgang von bis zu 50 Prozent. Hauptargument: Die Bordellwirte würden ins Ausland abwandern und dort Sex billiger produzieren. Allerdings führen Verfechter des Gesetzes die Besonderheiten des Sexmarktes ins Feld. Die Freier seien „hoch sensibilisiert“ und heutzutage bereit, für eine Sexdienstleistung mehr zu bezahlen als früher.

Dies belegen Zahlen: 1994 griff etwa jeder Zehnte zu einer Hure alternativer Herkunft, 1996 war es schon knapp jeder Vierte. Heute kauft fast jeder Dritte Sex von glücklichen Huren. Hochgerechnet auf die Verkehrsfrequenz zahle der Freier damit nur etwa 1,50 Mark mehr im Monat. Den Boom der alternativen Prostituierten führen Experten auch darauf zurück, dass preisgünstige Bordellketten Huren aus Freilandhaltung in ihr Programm aufgenommen hätten – wodurch der entsprechende Sexpreis weiter sinke.

Hurenschützer erklärten das Gesetz für „längst überfällig“. Schon vor mehr als zwanzig Jahren sei die katastrophale Situation der Prostituierten angemahnt worden; doch nichts sei geschehen. Fernsehbilder von nahezu kahlen Frauen, die in kleinsten Käfigen zusammengepfercht sich gegenseitig die Augen ausstechend, seien schnell wieder aus den Köpfen der Zuschauer verschwunden. „Für den Freier zählt ja nur der Orgasmus“, so Petra Prochnow, Vorsitzende des Hurenschutzvereins Mecklenburg-Vorpommern, resigniert. Dass nun endlich Bewegung in die Angelegenheit gekommen ist, stimmt Prochnow optimistisch. Allerdings sieht sie mit gemischten Gefühlen der Übergangszeit bis 2007 entgegen, insbesondere den so genannten ausgestalteten Käfigen für Prostituierte. Denn laut Experten sind diese nicht hurenfreundlicher: Kannibalismus käme hier unter den Prostituierten ebenso vor wie in der verpönten Batteriehaltung.

Prochnow sucht die Ursache für die Missstände in den verwöhnten Konsumgewohnheiten der Verbraucher: „Weil jeder Deutsche seinen Frühstückssex möglichst billig haben will, greifen viele Bordellbetreiber auf derartige Prostitutionsbedingungen zurück.“ Aber in Russland ginge es noch schlimmer zu, so Prochnow hinter vorgehaltener Hand: „Dort soll manch eine Prostituierte, die zu alt für den Job geworden ist, schon in der Suppe gelandet sein.“ TANJA KÜDDELSMANN