EU sieht Durchbruch in Mazedonien

Führende slawische und albanische Politiker des Landes einigen sich über die Präambel der umstrittenen neuen Verfassung. Doch noch haben weder die Parteigremien noch das Parlament zugestimmt. Die orthodoxe Kirche mobilisiert ihre Anhänger

aus Split ERICH RATHFELDER

Nach einer Einigung der Führer der Konfliktparteien in Mazedonien sehen internationale Diplomaten seit dem Wochenende wieder etwas optimistischer in die Zukunft. Die Mitarbeiter des außenpolitischen Repräsentanten der EU, Javier Solana, der Skopje am letzten Freitag besucht hatte, gehen davon aus, dass unter seiner Mitwirkung ein tragfähiger Kompromiss im Verfassungsstreit zwischen albanischen und slawischen Mazedoniern erzielt worden sei.

„Der Friedensprozess ist nun wieder auf dem richtigen Gleis“, frohlockten auch der frühere mazedonische Außenminister Ljubomir Frckovski und andere Sprecher der slawisch-mazedonischen Allianz. Und sogar Vertreter der albanischen Seite sprachen davon, dass die Vermittlung Solanas erfolgreich gewesen sei.

Aber in Wirklichkeit ist das Ergebnis dürftig und noch keineswegs der Durchbruch für den Frieden im Lande. Denn der Kompromiss bezieht sich lediglich auf die Präambel der Verfassung. Und noch haben die betroffenen Parteigremien dem Kompromiss nicht zugestimmt. Dies soll erst am heutigen Montag geschehen. Und selbst dann ist noch nicht sicher, ob die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Parlament für die Verfassungsänderungen zustande kommt.

Inhaltlich ging es um die Formulierung, Mazedonien sei ein Staat all seiner Bürger, die bei dem Friedensabkommen von Ohrid am 13. August ausgehandelt worden war. Das wollte die um die Vorherrschaft im Staate ringende slawische Seite nicht akzeptieren. Der jetzt gefundene Kompromiss enthält die Formulierung, Mazedonien sei ein Staat seiner Bürger, „des mazedonischen Volkes, der Türken, Roma, Albaner, Serben, Bosnier und anderer Völker“. Immerhin werden mit dieser Formulierung alle anderen Bevölkerungsgruppen nicht mehr nur als „Minderheiten“, sondern als gleichberechtigte Völker eingestuft. Dies bedeutet eine Aufwertung ihres Status. Die von den Albanern und Präsident Boris Trajkovski geforderte ursprüngliche und weiter gehende Formulierung wurde dem Kompromiss geopfert.

Man wird in den nächsten Tagen sehen, ob die Mehrheit der slawischen Parlamentarier diesem Kompromiss folgt. Denn ihnen wird auch in der Religionsfrage ein Kompromiss abverlangt. Demnach soll die orthodoxe Kirche nicht mehr Nationalkirche sein, sondern eine Religionsgemeinschaft unter anderen. Die einflussreiche Kirche wehrt sich heftig und mobilisiert schon seit Monaten ihre Anhänger.

So sehen unabhängige Beobachter in Skopje die Lage weitaus skeptischer als die Vertreter der EU. In der albanischen Bevölkerung breitet sich schon Unmut aus. Denn die internationale Gemeinschaft habe versprochen, den Kompromiss von Ohrid durchzusetzen und nicht weitere Kompromisse zu schließen, die das Abkommen verwässern. Deshalb mehren sich Stimmen in den albanischen Parteien, bei den entscheidenden Fragen nicht mehr nachzugeben.

Wie eine Drohung wirkt zudem ein Bekennerschreiben der bisher nebulösen „Albanischen Nationalarmee“ ( AKSh), bei der es sich um eine Splittergruppe der demobilisierten UÇK handeln soll. In einem Fax an Trajkovski übernimmt die Organisation die Verantwortung für die Ermordung von 20 entführten Mazedoniern. Es handelt sich dabei vor allem um Personen aus Tetovo und der umliegenden Region. Noch ist allerdings nicht erwiesen, ob das Bekennerschreiben authentisch ist. Nach Informationen aus Tetovo scheint die Gruppierung, die für eine Fortsetzung des militärischen Kampfes der Albaner eintritt, Anhänger zu gewinnen.