MADAGASKARS NEUER PRÄSIDENT KÄMPFT UM SEINE ANERKENNUNG
: Spielwiese Indischer Ozean

Eigentlich ist es ganz einfach. Auf Madagaskar gab es Streit um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl. Unter internationaler Vermittlung einigten sich die Kontrahenten auf eine neue Auszählung der Stimmen. Diese gab einem der beiden über 51 Prozent. Der hat also gewonnen und der andere verloren. Wenn der Verlierer, der bisherige Präsident, jetzt in zwei Dritteln des Landes die Unabhängigkeit ausruft und die Inselhauptstadt ökonomisch stranguliert, ist das ein Akt der Rebellion, der international scharf verurteilt werden müsste.

Aber was tut die internationale Gemeinschaft? Die Organisation für Afrikanische Einheit erklärt den Wahlsieg des neuen Präsidenten Ravalomanana zum Betriebsunfall und bestellt den Sieger zu Verhandlungen ein. Länder wie Deutschland und Frankreich schicken zur Amtseinführung des neuen Präsidenten zweitrangige Vertreter und reden von „konditionaler“, bedingter, Anerkennung. Es ist ein Skandal. Guerillaführer, die in Afrika Bürgerkriege gewinnen, werden besser behandelt.

Eine wohlwollende Erklärung dafür wäre, dass Madagaskar in der Weltpolitik so unwichtig ist, dass irgendwelche drittklassigen Außenpolitiker machen können, was sie wollen. So könnte die alte Kumpanei zwischen Admiral Didier Ratsiraka, dem madegassischen Wahlverlierer, und Teilen des französischen Militärs sowie einigen Strategen im Umfeld von Staatschef Chirac ein Grund sein, warum Frankreich und die frankophonen Staaten Afrikas alles tun, um Ratsirakas Abschied von der Macht hinauszuzögern. Aber ganz unwichtig ist Madagaskar nicht, und daher greift diese Erklärung, die an sich schon problematisch genug wäre, zu kurz.

Madagaskar und seine Umgebung beherrschen die Schifffahrtswege vom Indischen Ozean um das Kap der Guten Hoffnung in den Atlantik. Es ist ein traditionelles Aktionsgebiet Frankreichs – die französischen Überseegebiete Mayotte und Réunion liegen unweit der jetzt rebellierenden Küstenprovinzen Madagaskars. Dass auf dem Inselstaat ein als ausgewiesen proamerikanisch geltender Präsident die Macht übernehmen könnte, ist für die Traditionalisten im französischen Militärapparat undenkbar, gerade wenn der Indische Ozean geopolitisch immer wichtiger wird. Es rumort in Frankreichs Hinterhof, während weiter östlich US-Amerikaner und Briten die Seebasis Diego Garcia nutzen und weiter nördlich Deutschland soeben das Kommando im Seekrieg gegen den Terror um das Horn von Afrika übernommen hat. Machtkämpfe im Indischen Ozean sind in der Weltpolitik nicht mehr gleichgültig. Gerade deshalb muss die Welt dafür eintreten, dass auf Madagaskar die Demokratie siegt. DOMINIC JOHNSON