Eine neue Union für ein neues Afrika

Auf ihrem letzten Staatengipfel in Südafrika verjüngt sich die „Organisation für Afrikanische Einheit“ zur „Afrikanischen Union“. Das symbolisiert den Wandel der afrikanischen Politik: Weg vom Kampf gegen Kolonialismus, hin zum Kampf für Entwicklung

aus JohannesburgMARTINA SCHWIKOWSKI

Den glanzvollsten Auftritt bei der Anreise zur Gründung der Afrikanischen Union in Durban machte ohne Zweifel Muammar al-Gaddafi mit einem eingeflogenen Konvoi von 60 Luxuswagen. Doch in Südafrika zogen dem libyschen Revolutionsführer die Sicherheitskräfte einen Strich durch die Rechnung, indem sie ihm untersagten, alle 60 Fahrzeuge während des Gipfeltreffens zu benutzen. Niemand soll Präsident Thabo Mbeki, Gastgeber und Vorsitzender für das erste Amtsjahr der neuen Union, die Schau stehlen. Erst nach Abschluss des AU-Gipfels am Mittwoch wird Gaddafi in seiner kompletten Wagenkolonne zurückreisen können.

Die Eitelkeiten und Machtspiele beim Treffen der Staatsoberhäupter der 53 Mitgliedsstaaten der „Organisation für Afrikanische Einheit“ (OAU) haben nicht erst mit dem historischen Ereignis begonnen – der Abschaffung der OAU und der Geburt der Nachfolgerin „Afrikanische Union“ (AU). Gaddafi, der die alte Idee einer Afrikanischen Union in Anlehnung an die Europäische Union als Erster 1999 neu formulierte, hätte das Treffen lieber in Libyen gesehen. Und gern will Gaddafi eine der wichtigsten zu bildenden AU-Institutionen, das Panafrikanische Parlament, in seinem Land beheimaten. Ebenso den Sitz der neuen AU, der bisher beim OAU-Sitz in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba bleiben soll.

Die Anspannung steigt unter den Präsidenten, die nach der offiziellen Gründungszeremonie der AU heute erstmals am Mittwoch unter dem Banner der neuen Union zusammenkommen werden. Marokko ist wie schon bei der OAU das einzige afrikanische Nichtmitgliedsland, und Madagaskar ist gerade wegen „gewaltsamer Machtübernahme“ des frischgewählten Präsidenten Marc Ravalomanana vom Gipfel verbannt worden, wo allerdings zahlreiche Diktatoren weilen. Es droht die Gefahr, dass diese die Linie einer kleinen, der Demokratie stärker verpflichteten Gruppe behindern.

Die AU soll nicht nur das „O“ der OAU verlieren, sondern auch die Ziele der alten Organisation, die in den 39 Jahren ihres Bestehens zu einer nutzlosen Bürokratie verkommen war. Überholt ist das Anliegen, Afrika von Kolonialmächten zu befreien. Jetzt geht es um gute Regierungsführung und die Wahrung von Menschenrechten. Anders als bei der OAU erhalten die Staatsoberhäupter das Recht, sich bei Konfliktsituationen in die internen Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten einzumischen. Thabo Mbeki rief seine Amtskollegen während der letzten Sitzung der alten Organisation auf: „Wir müssen die zunehmende Armut und Unterentwicklung Afrikas überwinden.“ Die AU diene als Basis der Renaissance Afrikas.

Heute sollen die Präsidenten drei weitere AU-Schlüsselorgane neben dem Parlament gründen: Executive Council (Rat der Außenminister), Permanent Representatives Committee (in Addis Ababa ansässige Botschafter) sowie eine AU-Kommission als Sekretariat. Die afrikanische Entwicklungsinitiative Nepad (Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas) soll als Instrument der AU anerkannt werden. Auch ein 15-köpfiger Friedens- und Sicherheitsrat ist ratifiziert worden, doch wird es dauern, bis dem alle Staaten zustimmen.

Allerdings wird nach Gipfelende am Mittwoch noch offen bleiben, wo zentrale Institutionen wie das Parlament, die Zentralbank und der Gerichtshof ansässig sind. Auch werden die restlichen der ingesamt 17 Organe, die für die AU vorgesehen sind, noch nicht gebildet sein. Ebenso ein Problem der neuen Union ist, dass bisher nur 9 der 53 Mitgliedsstaaten ihre Mitgliedsgebühren gezahlt haben.