vorlauf
: Schweigen ist Gold

„Wunderpille, Zaubertrank: Themenabend Doping“ (20.45 Uhr, Arte)

„Es war, wie wenn Frauen über Kosmetik sprechen.“ – Dabei lächelt Frau Chiotti, als wolle sie selbst die Wirkung ihrer Lieblingsfaltencreme unter Beweis stellen. Doch eigentlich meint sie ihren Mann, den Mountainbike-Weltmeister Jérôme Chiotti, und seine Sportkollegen, wenn sie über Dopingmittel fachsimpelten. Auf der heimischen Couch berichtet der Sportler mit einem Lächeln auf den Lippen über sein Leben mit den leistungssteigernden Substanzen.

Jérôme Chiotti ist einer von vier Athleten, die Anne Georget zum Reden gebracht hat. Nicht alle sind so gelassen wie Chiotti. Sie ringen mit sich und den Worten. „Ich habe mir Fünf-Kilogramm-Säcke Nudeln für Hunde gekauft und gegessen, das war billiger“, erinnert sich der Bodybuilder, der trotz aller Anabolika erfolglos blieb. Vier intensive und ganz unterschiedliche Beichten hat die Filmemacherin zusammengetragen, unterbrochen von wenigen Bildern aus den sportlichen Laufbahnen der Betroffenen. „Wunderpille, Zaubertrank“ ist ein ungewöhnlich offenherziges Dokument einer Sport-Spezies, für die in der Regel das Schweigen zur Goldmedaille dazugehört. Überhaupt ist es mutig von Arte, einen Themenabend über Doping zu senden – zum Abschluss mit der Wiederholung der Doku von 1997 „Staatsgeheimnis Kinderdoping“ über die systematische „Sportförderung“ in der ehemaligen DDR.

Sonst sucht man nämlich einigermaßen vergeblich nach TV-Berichten über die Sportsünde – vor allem in den Öffentlich-Rechtlichen. Aber wie könnte auch die ARD beispielsweise kritisch Dopingfälle im Team Telekom darstellen, wenn sie die deutsche Radrennmannschaft sponsert? Hagen Boßdorf, Sportkoordinator des Ersten, gab zu: „Sagt die Telekom, es gibt keinen Dopingfall, dann gibt es auch keinen Dopingfall für die ARD.“

Und wenn die ehemalige Schwimmerin Kristin Otto, die regelmäßig mit ihrer Dopingvergangenheit konfrontiert wird, im ZDF eine Nachricht über die unlauteren Mittel des Skilangläufers Johann Mühlegg verliest, ist das nicht weniger komisch. JUTTA HEESS