Architekt für Altbaufans: Der Erfinder des Berliner Mietshauses

Eduard Knoblauch hat die Synagoge in der Oranienburger Straße gebaut und zahlreiche Mietshäuser. Eine Ausstellung an der TU erinnert an ihn.

Das bekannteste Werk von Eduard Knoblauch: Die Neue Synagoge an der Oranienbuger Straße in Berlin-Mitte Bild: AP

Die Ausstellung "Carl Heinrich Eduard Knoblauch, Architekt des Bürgertums" ist noch bis 29. Februar 2008 im Architekturmuseum der TU am Ernst-Reuter-Platz zu sehen. Sie ist von Montag bis Donnerstag von 12 bis 16 Uhr geöffnet.

Es ist noch immer Mode in der Stadt, in einem typischen Berliner Mietshaus in Mitte, Kreuzberg oder Prenzlauer Berg zu wohnen. Wer dort eine bezahlbare Wohnung ergattert hat, zieht nur ungern wieder aus. Die Häuser haben zumeist noch schöne Fassaden und Balkone nach vorn oder hinten heraus. Fahrstühle sind Mangelware, dafür sind die Treppenhäuser hell, ebenso die gut geschnittenen Wohnungen mit hohen Decken sowie die großen Zimmer. Man geht auf Holzdielen; wenn man Glück hat, gibt es noch Stuck oder kunstreich verzierte Jugendstil-Türen. Das ist der Ersatz für kleine Bäder, hohe Heizkosten, das dämmrige Berliner Zimmer und Blicke in den Hinterhof.

Kaum jemand weiß, dass Eduard Knoblauch (1801-1865) quasi der Erfinder des Berliner Mietshauses ist. Knoblauch ist in der Bauszene als Architekt zweier gänzlich anderer Gebäudetypen bekannt. Nach seinen Plänen wurde das Jüdische Krankenhaus errichtet. Am bekanntesten aber - und ein Meisterwerk der Berliner Schinkelschule - ist Knoblauchs große Synagoge in der Oranienburger Straße, die 1866 eingeweiht wurde. Ebenso wie sich diese mit ihrer goldenen Kuppel über die Stadt erhebt, überstrahlt das Gotteshaus für damals 3.200 Gläubige das Gesamtwerk und die weitere Bedeutung des Architekten.

Denn obwohl Knoblauch mit mehr als 130 ausgeführten Bauten eine maßgebliche Bedeutung für die Berliner Architektur des 19. Jahrhunderts hatte und neben Schinkel und Schlüter zu den Großen in der Architektur Preußens zählte, sind sein Leben und sein Werk weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Gründe sind vielschichtig: Nicht wenige seiner Bauten wurden zerstört, lange fehlten Zeichnungen und Planunterlagen. Sein Nachlass galt als verschollen.

Auch gehört zu der Geschichte des Vergessens, dass Knoblauch nicht im Staatsdienst tätig war, sondern den Beruf des freischaffenden Privatarchitekten wählte. Er war, wie im Titel einer neuen Ausstellung an der Technischen Universität deutlich wird, "ein Baumeister des Bürgertums".

Auch Knoblauch durchlief auf dem Weg zu den Bürgerhäusern einen mehrfachen Wandel. Erst entwarf er feudale Sommerhäuser in der Berliner Umgebung im klassizistischen Landhauslook mit Säulenportal, Dreiecksgiebel oder Attika. Es folgten seine im Stil der italienischen Renaissance geplanten Villen in Moabit und Tiergarten. Vom französischen Barock angehaucht waren schließlich Architekturen und Entwürfe für große Stadtpalais - etwa die russische Botschaft - und seine Bahnhofspläne in Berlin - etwa die für die Berlin-Stettiner Eisenbahngesellschaft.

Nach den Stein-Hardenbergschen Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlebte Berlin einen Aufschwung in Handel und Industrie. Immer mehr Menschen strömten in die Metropole, neuer Wohnraum wurde gebraucht - und gebaut. Knoblauch entwarf keine engen Mietskasernen für die Spekulanten des Baugewerbes, sondern nahm Aufträge aus der neuen Schicht des vermögenden Bürgertums an. Für diese entwickelte er jenen Prototyp des Berliner Mietshauses mit historisierender Putzfassade, drei- bis vierstöckigem Aufbau und standardisiertem Grundriss, der eine enorme Wirkung erzielte.

Seine Mietshäuser in der Kronenstraße 28 (1832), in der Oranienstraße 101 (1847) oder in der Wallstraße 3 (1852) sind wunderbare Beispiele dieser Architekturidee. Die Bauten haben einen strengen axialen Aufbau mit Vorder- und Seitenflügel. Hinter aufwendigen Durchfahrten weiteten sich lichte Höfe. Die Treppenhäuser waren abgeschlossen, die Wohnungen mit hohen Fenstern erhielten den bekannten großzügigen Grundriss. Man betrat einen breiten Flur, die Zimmer konnten durch Verbindungstüren beschritten werden. Schlafräume gingen zum Hof. Hinter dem Berliner Zimmer befanden sich die Kammern für das Gesinde. Knoblauch schuf den Raum für den bürgerlichen Mikrokosmos.

Heute haben wir uns dort Küchen, Bäder oder Arbeitszimmer eingerichtet. Dank Knoblauch ist die Altbauwohnung bis dato ein großer Wurf: flexibel, funktional und noch immer schön.

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