25 Jahre nach der Wende: Im Osten was Neues

25 Jahre nach der Wende und im Vorfeld dreier Landtagswahlen erkundet das West-Kind taz, wie sich die „neuen Länder” verändert haben.

Bötzow-Viertel in Ostberlin, 1980er Jahre. In dieser Straße wohnte die Autorin. Nicht in diesem Haus, da wohnte der Fotograf. Bild: Jörg Kohn

Die taz ist eine Westzeitung. Klar. Sowohl zeitungsbiografisch als auch gemessen an der überwiegend westdeutschen AbonnentInnen-Zahl, ist diese Feststellung zutreffend. Die taz wurde 1978 in Westberlin gegründet; heute arbeitet die überregionale Redaktion in Kreuzberg, ganz knapp hinter der ehemaligen Sektorengrenze. Auch ihr nächstes Domizil, der taz Neubau, wird nur wenige hundert Meter weiter gebaut – in Westberlin.

Und doch hat die taz auch eine ostdeutsche Geschichte. Noch zu Mauerzeiten hat sie mutig und engagiert aus der DDR berichtet: über die politische und ökologische Erosion, über Punk und Kirchenpolitik. Und gleich nach dem Mauerfall gab es sogar mal die „Ost-taz” – eine jener irren verlegerischen Ausnahmeerscheinungen am gesamtdeutschen Zeitungsmarkt, die weder die Zeiten noch die jeweiligen Weltanschauungen überlebt haben.

Ost-Kompetenz?

Aber hat die taz auch Ost-Kompetenz? Gemessen an der täglichen Berichterstattung sehr wohl. Und gemessen an den politischen Ereignissen der kommenden Wochen noch viel mehr. Gleich drei Landtagswahlen werden demnächst in Ostdeutschland abgehalten. Am 31. August wählen die Sachsen ihre neue Landesregierung. Zwei Wochen darauf, am 14. September, auch die Brandenburger und die Thüringer. Und das in zeitlicher Nähe zum 25. Jahrestag des Mauerfalls. Die taz wird all dies publizistisch begleiten mit einer neuen Serie. Deren Titel lautet: „Im Osten was Neues”.

Von jetzt an bis nach den drei Wahlen im September werden wir uns vor Ort umschauen. Wir zeigen nicht nur die Probleme, wir spüren auch auf, was gut läuft und wo der Osten noch für Neues Raum bietet.

Dabei schauen wir natürlich ins Politische. Wir analysieren die Chancen für Bodo Ramelow, den möglicherweise ersten Linke-Ministerpräsidenten von Thüringen. Wir treffen seine unmittelbare Konkurrentin Christine Lieberknecht von der CDU. Wir besuchen Aussteiger in Brandenburg, die Alternativen leben. Wir nehmen den rechten Rand in den Fokus, von NPD bis AfD. Und wir fragen, wo im Osten die Energiewende klappt. Warum funktioniert sie in einigen Regionen besser als anderswo? Die taz porträtiert die großen Player, ohne jene zu vergessen, die die Zivilgesellschaft konkret tragen. In einer Interview-Serie lassen wir ab dem 25. August Macher vor Ort zu Wort kommen.

„Nach vorne diskutieren”

„Im Osten was Neues” repräsentiert das, was man in der DDR „nach vorne diskutieren” nannte: nicht mäkeln, nicht schmähen, sondern kritisch hinschauen und nach Lösungen suchen. Denn machen wir uns nichts vor. Zwar ist der Osten bis heute wirtschaftlich schwächer als der Westen – aber er ist auch eine Verheißung. Dort haben viele etwas Neues gewagt, was in den alten Strukturen nicht möglich war.

Was sich konkret vor Ort verändert hat – dieser Frage gehen wir am 19. August in Dresden nach. In Sachsens Landeshauptstadt beginnt gerade das, was Münchner, Frankfurter oder Freiburger schon lange kennen: soziale Verdrängung. Die Stadt wird immer attraktiver, entsprechend steigen die Preise für Wohnungen und Immobilien. Aber was wird aus den anderen? Aus Künstlern und Rentnern, Großfamilien und Studierenden? Darüber, was die wahlkämpfenden PolitikerInnen dazu meinen, diskutieren wir an diesem Abend ab 20 Uhr in der Schauburg. Moderiert wird die Veranstaltung von zwei waschechten Ostlern: taz-Sachsen-Korrespondent Michael Bartsch und der Autorin dieses Textes. Also Ost-Kompetenz pur.

Anja Maier, 48, geborene Berlinerin und gelernte Brandenburgerin, ist taz-Parlamentskorrespondentin und Buchautorin