St.Pauli gewinnt gegen Freiburg: Irritierte Sieger

Nach einem überlegen herausgespielten 3:1-Sieg beim SC Freiburg stellt Neuling FC St. Pauli überrascht fest: Wir können tatsächlich mithalten hier oben in der Bundesliga.

Die Männer vom Millerntor freuen sich über ihren Coup fern der Heimat. Bild: apn

FREIBURG taz | Da standen sie nun im Kabinengang, vor sich die Wand der Reporter, die doch tatsächlich "Fin" riefen und "Fabian" - und nicht die Vornamen ihrer Gegenspieler. Das passte zwar ganz vorzüglich zu den Geräuschen, die in beträchtlicher Dezibelzahl von draußen hereinschwappten - hier das wütende Pfeifen des Freiburger Anhangs, dort die fröhlichen Gesänge der Hamburger Fans, die das 3:1 des FC St. Pauli feierten.

Irritiert sahen sie trotzdem aus, die Herren Boll ("Fabi") und Bartels ("Fin"), die zwei der drei Hamburger Tore erzielt hatten, aber dennoch grundsätzlichen Fragen nachzugehen schienen. Sollte es tatsächlich möglich sein, dass man auch in der ersten Liga einfach so vor sich hin gewinnen kann, nur weil man zufällig das bessere Team ist? Wie vergangene Saison, als man 72 Tore schoss - mehr als zwei pro Spiel? Bartels, der in der vergangenen Saison noch beim Zweitliga-Absteiger Hansa Rostock Dienst tat, fasste sich als Erster ein Herz: "Das war ein verdienter Sieg. Wir hatten ja vorher auch genug Chancen, das Spiel zu entscheiden."

Dass Papiss Cissé in der 78. Minute Freiburg 1:0 in Führung schoss, war eine Verhöhnung des Spielverlaufs, hatte die Partie bis zu diesem Zeitpunkt doch ohne nennenswerte Freiburger Beteiligung stattgefunden. Nur sehr alte Menschen erinnern sich an derart viele Freiburger Fehlpässe wie im ersten Durchgang, in dem ein kraft- und ideenloses Ensemble auf ein Hamburger Team traf, dem es lieber in einer Videoschulung als auf dem Platz begegnet wäre. Der Aufsteiger, der nach acht Jahren in der Dritt- und Zweitklassigkeit erstmals wieder um Bundesligapunkte spielte, trat erkennbar mit dem Vorsatz an, davon gleich drei mitzunehmen. Da auch fast alle dazu nötigen Parameter stimmten - St. Pauli spielte doppelt so schnell, hatte das Mittelfeld für sich und kombinierte zielsicher - konnte Freiburg von Glück reden, dass die Hamburger auch die besten Chancen vergaben.

SC Freiburg: Pouplin - Mujdza (46. Williams), Barth, Butscher, Bastians - Schuster - Caligiuri (56. Nicu), Makiadi, Rosenthal (89. Reisinger), Jäger - Cissé

FC St. Pauli: Hain - Rothenbach, Thorandt, Zambrano, Oczipka - Boll, Lehmann - Bruns (58. Kruse), Hennings (67. Bartels), Naki (80. Sukuta-Pasu) - Ebbers

Zuschauer: 24.000 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Cissé (78.), 1:1 Boll (83.), 1:2 Sukuta-Pasu (89.), 1:3 Bartels (90.+1)

Eigene hatte der SC nämlich nicht, was diesmal weniger an der individuellen Qualität des Offensivpersonals lag, als daran, dass die gar nicht erst in die Verlegenheit kamen, das Gästetor in Bedrängnis zu bringen. "Damit, dass die nur mit langen Bällen spielen, hatten wir nicht gerechnet", gab St. Paulis Bartels zu Protokoll und verschwieg dabei höflicherweise, dass sich selbst die Flugbälle auf Freistöße beschränkten, die ins Aus geschlagen wurden. Robin Dutt hisste jedenfalls schon in der Halbzeit die weiße Fahne. "Ich habe meinen Spielern gesagt: Wenn spielerisch nichts geht, müsst ihr es kämpferisch probieren." Doch auch im zweiten Durchgang wirkte der SC wie ein Auto, das man mit leerem Tank auf die Autobahn geschubst hatte. "Wir sind weder technisch, taktisch noch konditionell auf der Höhe", hat Dutt erkannt. In den zurückliegenden zwei Wochen musste der Coach im Training auf einige seiner besseren Spieler verzichten. Deren Trainingsrückstand soll nun schnellstmöglich ausgeglichen werden.

Als sich im Presseraum ein fröhlicher und ein grüblerischer Trainer einen positiven Fortgang der ausstehenden 33 Spiele wünschten, hatten auch Fin Bartels und Richard Sukuta-Pasu Feierabend. Die beiden Einwechselspieler hatten kurz vor dem Abpfiff (89./90.) noch zwei blitzsaubere Kontertore geschossen und zusammen mit dem Kollegen Fabian Boll (83.) den 0:1-Rückstand in einen 3:1- Sieg verwandelt. Allzu viel darauf einbilden sollen sich die beiden allerdings nicht, fand ihr Manager Helmut Schulte: "Unsere Stürmer haben die gegnerische Abwehr so wund geschossen, dass die beiden leichtes Spiel hatten", flachste der nach der Partie.

So leicht wie am Samstag wird es für den FC St. Pauli in dieser Saison wohl nicht mehr oft werden. Das ahnt wohl auch Übungsleiter Stanislawski, der sich deshalb vor allem darüber freute, dass die erste Liga mit einem psychologisch wertvollen Erlebnis begann: "Wichtig war, dass die Jungs gemerkt haben, dass sie tatsächlich Bundesliga spielen können."

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