Sachsensumpf-Urteil: Verurteilung wegen übler Nachrede
Wegen "übler Nachrede" in der Causa Sachsensumpf sind zwei Journalisten zu Geldstrafen verurteilt worden. Der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft DJV kritiserte das Urteil.
DRESDEN apn | Wegen übler Nachrede in der sogenannten Korruptions-Affäre sind zwei Journalisten in Sachsen zu Geldstrafen von jeweils 2.500 Euro verurteilt worden. Das Dresdner Amtsgericht sprach die beiden am Freitag schuldig, mit einer Veröffentlichung im Portal Zeit.de Anfang 2008 Polizisten massiv in ihrer Ehre verletzt zu haben. Von einem weiteren Vorwurf wurden sie dagegen freigesprochen. Dabei ging es um einen Bericht im Magazin "Der Spiegel". Die Journalisten kündigten umgehend Rechtsmittel an.
Die Anklage hatte den beiden Recherchespezialisten aus Leipzig vorgehalten, durch eine bewusst unvollständige Berichterstattung zwei frühere ranghohe Richter der sächsischen Justiz sowie Polizeibeamte verunglimpft zu haben.
In den Berichten ging es um angebliche Kontakte der Juristen ins Leipziger Rotlicht-Milieu Anfang der 90er Jahre und die späteren Ermittlungen der Polizei. Die Vorwürfe gegen die Richter bestätigten sich nicht. Die Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen gegen sie ein. In dem Zeit-Artikel wurden auch länger zurückliegende Ermittlungen der Polizei beleuchtet und die Frage gestellt, ob Beamte möglicherweise unter Druck gesetzt worden sein könnten.
Strafrichter Hermann Hepp-Schwab wertete dies bereits als Tatsachenbehauptung. Sie hätten damit schwere und ehrverletzende Vorwürfe gegen die Polizisten erhoben. Die beiden Journalisten wollen das Urteil anfechten. Wenn keine kritischen Fragen mehr gestellt werden könnten, sei die Pressefreiheit insgesamt in Gefahr, erklärten sie unmittelbar nach dem Urteil. Man werde die Beschneidung elementarer journalistischer Arbeitsgrundlagen nicht akzeptieren.
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) hatte die beiden Journalisten juristisch unterstützt. DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken kritisierte das Urteil als überzogen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass mit dem Strafrecht versucht wurde, kritische Journalisten einzuschüchtern. Das Urteil dürfe keinesfalls Schule machen. Wenn sich Betroffene gegen mögliche Fehler von Journalisten zur Wehr setzen wollten, biete das Presserecht die richtigen Instrumente.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung in beiden Fällen gefordert und eine Strafe von je 6.000 Euro beantragt. Die Verteidigung forderte Freispruch in allen Punkten.
Sachsen war vor drei Jahren wegen einer angeblichen Korruptionsaffäre lange in den Schlagzeilen. Die Vorwürfe zum sogenannten "Sachsumpf" stammten aus einer Aktensammlung der Verfassungsschützer. Externe Prüfer kamen zum Ergebnis, dass die Dossiers überwiegend aufgebauscht worden seien. Aus Sicht der Opposition gibt es aber noch offene Fragen.
Leser*innenkommentare
Raspo
Gast
Ein Spendenaufruf und die Geldstrafe wäre bezahlt. Zögerlich wird versucht ein paar Millionen Menschen in Hochwassergebieten zu helfen, Russland bei der Bekämpfung von Waldbränden zu unterstützen, welche ein Außmaß haben, die man sich als deutscher Bürger nicht vorstellen kann, weil es wichtiger ist, einen polnischen Wasserwart zu verklagen, welcher das dortige Talsperrenmanagement nicht in Griff hat.
Das sind nur paar provozierende Worte, viel schlimmer ist, dass heute ein Strafurteil gegen Journalisten verhängt worden ist, welche versucht haben, etwas aufzudecken, was uns alle betrifft und angeht, die die RECHT sprechen sollten die sauberste West(e) haben und auch heilige Kühe schlachten.
Sachse
Gast
Wenn es doch nur der Geist der DDR wäre. Die Staatshörigkeit, die uns eingebläut wurde ist hier noch lange nicht überwunden. Immerwieder treibt sie Blüten in unterschiedlichsten Farben aus und wenn die Früchte bilden, dann wird es hart für alle, die ihre Freiheit nicht an den Haken hängen lassen.
Bei einer Mehrheit, für die das Wort Mündigkeit bestenfalls bedeutet, Zeit zu verschwenden, ist es nicht verwnderlich, dass Entwicklungen im Staat und dessen Organen nur allzu selten hinterfragt werden.
Andererseits scheint man neuerdings zu vergessen, dass das Recht auf Pressefreiheit nicht das einzige Recht ist, welches uns eine freiheitliche Zivilgesellschaft garantiert. Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten bieten auch viel Raum für jene, die sich einen Dreck um die Würde des Bürgers scheren.
Sollte sich auch die Presse dem Niveau annähern, das in ihrer Umgebung Gang und Gäbe ist, so wäre dies alles andere als verwunderlich. Was heißt "wäre verwunderlich"? Es ist bereits Realität.
Dass es jedoch erst einen Richter treffen muss, damit die Frage nach der persönlichen Würde gestellt werden kann ist mehr als Besorgnis erregend.
Knut Becker
Gast
von hildebenjamin:
da schwebt wohl noch der alte geist der ddr durch sachsen.
....nur doof, dass der vorsitzende richter aus den "alten bundesländern" kommt. und da sah sah es auch nicht immer rosig mit der pressefreiheit aus.
traurig ist dieses urteil wohl so oder so.
alcibiades
Gast
@hildebenjamin: der geist, der da durch manche köpfe spukt, scheint mir älter als die ddr zu sein.
tjac
Gast
Der Geist der DDR ist also, wenn westdeutsche Importrichter die illiberalen Pressegesetze der BRD zu Ungunsten zweier ostdeutscher Journalisten auslegen, weil sie über die Machenschaften westdeutscher Importrichter und westdeutscher Importpolitiker berichtet haben, soso ;)
Anstatt sich von dem Märchen zu lösen, dass die Alt-BRD ein freiheitlich-demokratisches Wunderland war, welches durch den Anschluss der Ostgebiete schwer
beschädigt wurde, und sich dem Kampf gegen Gesetze
zu widmen, die solche Urteile erlauben, lässt streichelt hildebenjamin lieber Ihr eigenes Überlegenheitsgefühl und rümpft die Nase über die barbarische Ostzone, naja, wer's braucht.
elbröwer
Gast
Klassenjustiz
anke
Gast
DDR-Geist? Quatsch! Die DDR war gar kein Rechtstaat. In der DDR durfte man überhaupt niemandem irgend etwas nachsagen in der Presse. Die war der SED-Propaganda vorbehalten. Im "Westen" darf man. Vom drittklassigen Popsternchen über den Konzernchef bis zum Spitzenpolitiker - jedem darf beinahe alles unterstellt werden in der Zeitung, sofern der Verfasser der unterstellung sich an das Presserecht hält. Nur wenn es gegen die Richter geht, sollte man ab heute das Maul halten. Es steht so geschrieben. Richter und Polizisten, denke ich, haben nicht nur die wirkliche Macht in diesem Land, sie haben auch (fast) alle noch einen dieser sogenannten "Schmisse" im Gesicht. Der Geist von Dresden trägt den Namen Corps - und er ist längst noch nicht tot.
dja87
Gast
...und wird schlimmstenfalls von Nazis genutzt oder unterwandert.
deviant
Gast
Beschämend.
Mehr hab ich zu dem Urteil nicht zu sagen.
hildebenjamin
Gast
da schwebt wohl noch der alte geist der ddr durch sachsen.