Deutsch-Französischer Medienpreis: Kohl macht auf Reich-Ranicki

Helmut Kohl lehnt den Preis ab. Recht hat er. Denn: Mit solchen Medienpreisen werden alle beworfen, die rüstig genug für mittellange Anreisen sind und noch genug Restprominenz aufweisen.

Nimmt den Preis nicht an: Altkanzler Kohl. Bild: dpa

"Bundeskanzler a. D. Dr. Helmut Kohl hat entschieden, den ihm angetragenen Deutsch-Französischen Medienpreis nicht anzunehmen." Das meldete gestern der den Preis mittragende Saarländische Rundfunk. Der Preis sollte dem Exkanzler am Dienstag kommender Woche im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin verliehen werden. Die Organisatoren des Preises erklärten: "Wir respektieren die Entscheidung von Herrn Bundeskanzler a. D. Dr. Helmut Kohl. Der Deutsch-Französische Medienpreis als besondere Ehrung im Rahmen des Deutsch-Französischen Journalistenpreises wird daher in diesem Jahr nicht vergeben."

Da haben wir ja noch mal Glück gehabt. Denn so ehrenvoll die deutsch-französischen Bemühungen im Allgemeinen und Besonderen sein mögen: Medienpreise, mit denen jedeR beworfen wird, der a) noch rüstig genug für mittellange Anreisen und b) auch Jahre nach dem Amtsabtritt immer noch genügend Restprominenz aufweist, gibt es genug.

Von daher ist es auch wurscht, ob es nun "kommunikative Probleme" waren - wie es der Saarländische Rundfunk laut ersten Meldungen diplomatisch ausdrückt. Oder Kohl das Ganze mit dem Deutschen Fernsehpreis verwechselt hat und den Reich-Ranicki ("Ich kann diesen Preis nicht annehmen") machen wollte. Oder der "Ancien Chancelier dAllemagne" (frz. für Kohl) erst gar nicht richtig zugesagt hatte, wie es sein Sprecher andeutete.

Wir haben doch schon den Deutschen Medienpreis in Baden-Baden, zu dem aus Versehen vor ein paar Jahren mal Michail Gorbatschow gekommen ist, so dass die obskure Veranstaltung mittlerweile internationalen A-Status genießt. Oder wie hieß doch gleich dieser untergegangene Berliner Medienpreis, bei dem sich sogar mal Richard von Weizsäcker als Laudator verlief und sich plötzlich mit der Blues-Band von Ex-Bild-Chef Udo Röbel konfrontiert sah? Von Burdas Bambi und dem Medienpreis der Innendekorateure Deutschlands mal ganz zu schweigen.

Nein, Preise, die zur Selbstverständlichkeit werden und/oder auch nur dann vergeben werden, wenn genügend bezahlte - pardon: preiswürdige - Promis ihr Kommen zusagen und so dem Veranstalter und dessen Sponsoren aufhelfen, braucht - niemand.

Um nicht missverstanden zu werden: Der Deutsch-Französische Journalistenpreis gehört nicht komplett in diese Kategorie, ganz im Gegenteil. Besondere Ehrungen, die nur vergeben werden, weil wer auch mal dran ist, schon - auch wenn sie einen ansonsten untadeligen Anlass als Rahmenprogramm haben. Und, wie am kommenden Dienstag, nicht Udo Röbel, sondern "Wir sind Helden" spielen.

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