STADTENTWICKLUNG: Kreisel dreht sich schneller

Die Meridian-Stiftung will das Hochhaus Steglitzer Kreisel kaufen und sanieren. Ob damit das langjährige Subventionsgrab ein Ende hat, bezweifeln Experten.

Wahrscheinlich heißt der Kreisel Kreisel, weil es da mit den Millionen immer so schön rund geht Bild: dpa

Harald Bodenschatz begegnet täglich mehrmals dem Steglitzer Kreisel. Der TU-Professor für Stadtplanung wohnt in der Nachbarschaft des 119 Meter hohen Gebäudes. Wenn er den "Kreisel" als "Fass ohne Boden für die öffentliche Hand" bezeichnet, ist das noch eine vornehme Umschreibung für einen "der größten Subventionsskandale Berlins". Seit dem Baubeginn 1968 flossen dreistellige Millionensummen in den Kreisel. Noch heute, sagte Bodenschatz auf einer Diskussionsrunde am Montagabend in Steglitz zur Zukunft des asbestverseuchten und leer stehenden Hochhauses, koste dieses das Land Berlin jährlich 1,2 Millionen Euro Unterhalt. Bodenschatz plädiert darum für die "Kappung des Turms".

Der Senat hat zwar den Abriss des markanten Bürohochhauses im Südwesten der Stadt 2010 verworfen. In diesem Jahr will er "der finanziellen Dauerbelastung" jedoch ein Ende setzen. Der Kreisel müsse saniert werden, sagte Hauke Roth, zuständiger Referent in der Finanzverwaltung, auf der Veranstaltung. Das Land Berlin könne den 36.000 Quadratmeter großen Tower, in dem sich bis zum asbestbedingten Auszug 2007 das Bezirksamt Steglitz befand, "nicht weiter so stehen lassen".

Roth betonte, dass dem Liegenschaftsfonds - der im Auftrag des Senats landeseigene Immobilien veräußert - "derzeit ein Kaufangebot vorliegt". Das Angebot der Meridian-Stiftung mit einer Planung des Berliner Architekten Gert Eckel sei die einzige Offerte. Roth ließ keine Zweifel daran, dass das Angebot eine ernsthafte Option für die Finanzverwaltung darstelle. Der Verkehrswert liegt derzeit bei 12 Millionen Euro. Die Asbestentfernung wird auf 30 Millionen geschätzt, eine komplette Renovierung dürfte das Doppelte kosten.

Nach Auskunft der Meridian-Stiftung will diese den Kreisel für rund 45 Millionen Euro sanieren. 32 Millionen davon sollen in die Asbestbeseitigung gesteckt werden, das Land Berlin müsse sich mit 20 Millionen Euro beteiligen. Bei einem Zuschlag durch den Liegenschaftsfonds "können wir sofort mit der Sanierung beginnen", sagte Architekt Eckel. Das 27-geschossige Hochhaus soll als riesiges Galerien- und Selfstorage-Lagerzentrum ausgebaut werden. Zudem plant Eckel, den Kreisel mit einer LED- und Solarfassade zu verkleiden, die "gewinnbringend Energie erzeugt". Eckel sprach am Montag von 180.000 Euro Einnahmen monatlich. Die Umbauzeit schätzte der Architekt auf rund drei Jahre.

In der Tat wäre es in der Geschichte des Gebäudes das erste Mal, dass das Hochhaus einen Gewinn abwirft. Wie Sabine Weißler, grüne Kulturamtsleiterin im Bezirk und Mitveranstalterin des Abends, sowie Bodenschatz erinnerten, spielte der Kreisel von Beginn an die Rolle eines "reinen Subventionsobjekts". 1968 hatte die Architektin Sigrid Kressmann-Zschach 180 Millionen Mark für das Haus veranschlagt. Nach einem Baustopp 1974 wuchsen die Kosten der öffentlichen Hand ins Maßlose. 1980 beliefen sich die Baukosten auf 323 Millionen Mark. Einschließlich Mietzahlungen und Rückkäufen des Landes schlägt der Kreisel heute mit fast einer halben Milliarde Mark - also rund 250 Millionen Euro - minus für das Land zu Buche.

Während Bodenschatz keine Perspektive für das Hochhaus durch eine private Investition sehen wollte und vor der erneuten "finanziellen Dauerfalle Kreisel" warnte, gab Roth ebenfalls zwei Fallstricke zu bedenken: Bei jedem Verkauf und einer Umnutzung sei die Zustimmung vom Miteigentümer des Kreisels, der Immobilienfirma Becker & Kries, nötig. Der gehört der große Sockelbau, in dem sich etwa ein Hotel oder das Outdoor-Geschäft "Globetrotter" befinden. Mit Becker & Kries soll in den kommenden Tagen verhandelt werden, so Roth.

Zugleich behalte sich das Land weiter das Recht vor, selbst zu sanieren - wenn die Verkaufsgespräche scheiterten. Bis zum Jahresende 2011 hätten die Bau- und Finanzverwaltungen "alle denkbaren Planungsleistungen und Zahlen" auf dem Tisch, betonte Roth. "Somit wären die Voraussetzungen auch für eine eigene Sanierung ab 2012 möglich."

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