Kleine Brötchen für Minirentner

ALTER Der linke Flügel der SPD fordert, das Rentenniveau anzuheben. Arbeitsministerin Andrea Nahles will über Reformen sprechen, denkt aber eher an kleinere Schritte

Spaß im Alter: In Zukunft noch möglich? Foto: Westend61/plainpicture

aus BERLIN Barbara Dribbusch

Die neueste Lieferung kommt von der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion: „Mittelfristig muss das Niveau der gesetzlichen Rente wieder auf mindestens 50 Prozent angehoben werden“, heißt es in einem Papier der SPD-Linken. Die Forderung gehört zum Wunschkatalog, mit dem sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beschäftigen muss, die für den heutigen Freitag den ersten Termin für einen „Dialog Alterssicherung“ anberaumt hat – mit Experten aus Verbänden, Wissenschaft und Regierung.

Der Vorschlag, das Rentenniveau wieder anzuheben, ist dabei die teuerste Idee. Zumal eine Erhöhung allen zugute käme, auch den wohlhabenden Rentnern. Derzeit liegt das Rentenniveau – also das Verhältnis von Renten zu Entgelten – bei 47,7 Prozent. Laut den bisherigen Plänen soll es weiter sinken. Würde man das Rentenniveau wieder auf 50 Prozent anheben, entstünden beispielsweise im Jahr 2029 Mehrkosten von 52 Milliarden Euro. Das hat das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft errechnet.

Nahles backt lieber kleinere Brötchen. Auf dem Verhandlungstisch liegen die Fragen der moderaten Aufstockung von Kleinrenten und dem Ausbau der Betriebsrenten. Die Ministerin hat bereits erklärt, die betriebliche Altersvorsorge in kleinen und mittleren Unternehmen „weiter zu verbreiten“. Dabei hat sie Gutachten vorgelegt, die mehr steuerliche Förderungen, neue überbetriebliche Trägermodelle und Zuschüsse für Geringverdiener vorschlagen. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat in Aussicht gestellt, „unterdurchschnittlich verdienende Arbeitnehmer“ mit einem kleinen Zuschuss zur Betriebsrente zu unterstützen.

Ulrich Schneider vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband kritisierte die Pläne zur Betriebsrente und verglich sie mit der umstrittenen Riester-Rente, die Geringverdiener nicht erreiche. Allerdings sieht das Gutachten aus dem Ministerium vor, die Erträge aus der Betriebsrente später nicht vollständig auf eine mögliche Grundsicherung im Alter anzurechnen. Damit würde sich der Abschluss einer Betriebsrente, zumal bezuschusst, auch für Geringverdiener lohnen. Diese hätten dann zusätzlich zu ihrer kleinen gesetzlichen Rente und zur aufstockenden Grundsicherung eine Summe aus der Betriebsrente zu erwarten.

Das gesetzliche ­Rentenniveau für alle wieder anzuheben, ist der teuerste ­Vorschlag

Die direkte Aufstockung von Armutsrenten ist ein weiteres Thema der Rentengespräche. Nahles hat angekündigt, im Herbst das Konzept für eine Lebensleistungsrente vorzulegen. Danach sollen Versicherte, die 40 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben, aber wegen ihres geringen Verdienstes nur eine kleine Rente zu erwarten haben, eine Aufstockung erhalten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble plant laut einem Bericht der Rheinischen Post dafür eine aufwachsende Summe ein, die 2020 bei 990 Millionen Euro im Jahr liegen soll.

„Die vorgesehene Mindestdauer von 40 Jahren eingezahlten Beiträgen ist zu lang“, rügt Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Der DGB schlägt vor, wieder die Rente nach Mindesteinkommen einzuführen, die es bis 1992 gab. Dabei werden niedrige Einkommen bei der Berechnung der Rente höher bewertet. Die Kosten für diesen Vorschlag lägen bei 8 Milliarden Euro jährlich, also weit über den Vorstellungen Schäubles.

Billiger wären jedoch ­ Vorschläge, etwa auch aus Kreisen der Union, künftig bei den Kleinrentnern, die per ­Grundsicherung aufstocken, privat Angespartes nicht mehr voll auf die Grundsicherung ­anzurechnen, sondern einen Freibetrag von mindestens 100 Euro im Monat zu gewähren. Dies soll Altersarmut verhindern und ähnelt dem Vorschlag der Freibeträge für die Betriebsrenten.