Volt-Spitzenkandidatin Nela Riehl: „Ich bin ein Politikum“

Die Hamburgerin Nela Riehl kanditiert für die Partei Volt für das EU-Parlament. Sie ist die einzige Schwarze Spitzenkandidatin in Deutschland.

Nela Riehl steht auf einer Landungsbrücke.

Möchte eine Schwarze Perspektive in die EU einbringen: Nela Riehl Foto: Meike Kuether

HAMBURG taz | „Ich will zeigen: Europa ist eine Schwarze Frau“, sagt Nela Riehl. Die gebürtige Hamburgerin steht bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni für die paneuropäische Partei Volt auf Listenplatz 2. Riehl ist einzige Schwarze Spitzenkandidatin einer deutschen Partei.

Parteipolitisch aktiv war die 38-jährige Lehrerin bis vor einem Jahr noch nicht. Zwar war sie kurz bei der Grünen Jugend und bei den Jusos, eine politische Heimat hat sie dort aber nie gefunden. Nun also Volt: Überzeugt hat sie bei der erst 2018 gegründeten Partei der europäische Gedanke. Volt tritt mit einer transnationalen Liste an und möchte die EU reformieren: mehr Rechte für das Parlament und die Transformation der Kommission in eine europäische Regierung mit eigenständigen Ministerien.

Warum jetzt der Schritt in die Politik? „Ich bin eigentlich die klassische Aufsteiger­geschichte. Arbeiterkind, Schwarze Frau, Diskriminierungserfahrungen“, sagt Riehl. „Heute wohne ich in einem Haus in Duvenstedt.“ Ihre gesellschaftliche Position möchte sie nutzen, auch für ihre beiden Kinder, denn „das Generationenversprechen bröckelt, weil die Welt zerbröckelt“.

Anfangs wollte sie nur ein paar Flyer verteilen, vielleicht ein paar Plakate aufhängen. Mit der Zeit bekam sie viel Zuspruch, selbst zu kandidieren. Riehl gibt sich bodenständig, betont immer wieder, wie normal ihr Leben ist. An eine politische Karriere habe sie nie gedacht. Bis vor einer Woche hat sie noch an einer Sekundarschule in Hamburg gearbeitet, jetzt befindet sie sich im Wahlkampf-Urlaub. Ab und zu kommt der norddeutsche Slang durch.

Für Seenotrettung und globale Klimadiplomatie

Ein politischer Mensch sei sie aber schon immer gewesen: „Als Schwarze Frau in Deutschland hast du nicht die Möglichkeit, nicht politisch zu sein. Du wächst auf und bist ein Politikum.“ Riehl ist sich bewusst, dass ihre Situation auch von glücklichen Fügungen geprägt ist. Schwarze Perspektiven seien in Deutschland und Europa noch immer unterrepräsentiert. Auch auf den Listen der anderen Parteien.

Diese Perspektive möchte sie nun in die EU einbringen. „Demokratie bedeutet Repräsentation. Wenn die Menschen sich nicht gesehen fühlen, halten sie die Demokratie für ein elitäres Projekt.“ Dafür will sie in den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, eine feministische Außenpolitik und Menschenrechte sind ihre Herzensthemen.

Dazu gehört für Riehl auch, die Seenotrettung zu legalisieren, Menschen nicht mehr in Lager zu sperren und eine „globale Klimadiplomatie“ zu etablieren. Keinen Widerspruch sieht sie zu den Forderungen der Partei, eine europäische Armee mit einer gemeinsamen Rüstungsindustrie zu entwickeln. Es gehe um den „Aufbau von Resilienz“, um eine „Verteidigungsarmee zur Wahrung des Friedens in Europa in der Welt“.

Riehl ist optimistisch, den Sprung ins Europaparlament zu schaffen. Seit 2019 ist ihre Partei dort mit einem Abgeordneten vertreten, für einen weiteren Sitz müsste sich der Stimmenanteil aber gut verdreifachen. Die bundesweiten Proteste gegen rechts vom Anfang des Jahres machen ihr Mut. Diesen „Druck von der Straße“ möchte Riehl ins Parlament tragen. Ihr persönliches Ziel: „In 10 oder 15 Jahren möchte ich Europas erste Außenministerin sein.“

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