Liegenschaftspolitik von CDU und SPD: Versprochen und gebrochen

Ob bei der Alten Münze oder einem Atelierhaus in Lichterfelde: Für Schwarz-Rot sind einstige liegenschaftspolitische Zusagen für Kulturorte wenig wert.

Das Bild zeigt die Innenstadt Berlin

Nicht nur die Opposition fürchtet einen Rollback in der Liegenschaftspolitik Foto: Dirk Sattler/Imago

BERLIN taz | Es gibt Sätze, die nicht unbedingt geeignet sind, die Gemüter zu beruhigen. Sven Heinemann, Haushaltspolitiker der Berliner SPD-Fraktion, präsentiert am Freitag bei einer Dringlichkeitssitzung des Runden Tischs Liegenschaftspolitik genau so einen Satz. Er sagt: „Natürlich steht die SPD für Verbindlichkeit, aber keiner kann Ihnen diese Verbindlichkeit garantieren.“

Denn klar wird bei dem Termin im Abgeordnetenhaus: Der Frust über die liegenschaftspolitischen Entscheidungen der Regierungskoalition aus CDU und SPD ist groß. Aus Sicht stadtpolitischer Initiativen und der Opposition geht es dabei nicht nur um die fehlende Verbindlichkeit. Auch die Frage, ob es unter Schwarz-Rot eine Rückkehr zur alten Liegenschaftspolitik der Nullerjahre geben wird, steht im Raum.

Der 2012 entstandene Runde Tisch hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft den Umgang mit landeseigenen Liegenschaften zu diskutieren. Das Gremium hatte damals einen wesentlichen Anteil daran, dass der Verkauf öffentlicher Grundstücke gestoppt wurde.

Ob direkt an die landeseigenen Wohnungsunternehmen oder per Konzeptverfahren an andere Akteure mit gemeinwohlorientiertem Vorhaben: Landeseigene Grundstücke sollten stattdessen im Sinne einer transparenten Liegenschaftspolitik nach der der Maßgabe des Nutzens für die Stadt vergeben werden.

Beispiel Alte Münze

Und heute? Allen voran die schwarz-rote Kehrtwende bei einem Atelierhaus in der Osdorfer Straße in Lichterfelde und beim Standort der Alten Münze in Mitte lassen inzwischen Zweifel daran aufkommen, wie transparent die Liegenschaftspolitik unter dem aktuellen Senat ausfällt.

Seit 2018 war am Standort der ehemaligen Münzprägeanstalt unweit des Roten Rathauses vorgesehen, einen Kulturstandort für die freie Szene und ein „House of Jazz“ zu etablieren. Das Land sollte dazu die Sanierung des Objektes stemmen. 50 Millionen Euro waren bereits im Sondervermögen Infrastruktur und Wachsende Stadt zurückgestellt worden.

Doch mit einem Beschluss des Hauptausschusses im Dezember vergangenen Jahres wurden diese Pläne auf den Kopf gestellt. Die Spreewerkstätten, die als Zwischennutzer bisher unter anderem einen Club in der Alten Münze betrieben haben, sollen in Direktvergabe einen langfristigen Mietvertrag erhalten.

Als Grund werden die Kosten für die Sanierung angegeben, die angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage eine große Herausforderung seien. Birgit Möhring, die Geschäftsführerin der Berliner Immobilienmanagement (BIM), sagt, dass die beiseitegelegten 50 Millionen Euro zwar weiterhin für die ersten Bauabschnitt der Sanierungen aufgewendet werden. „Wir werden aber den Innenausbau nicht machen“, so die Chefin des Immobiliendienstleisters des Landes Berlin.

Zurück zur Logik der alten Liegenschaftspolitik

Es scheint, als würde die Alte Münze nicht das letzte Projekt bleiben, bei dem es unter Schwarz-Rot zu einem Umdenken kommen kann. Stichwort Ukraine-Krieg, Zinsentwicklung und Baukostensteigerung: Man habe es nun mal mit veränderten Rahmenbedingungen zu tun, sagt Sven Heinemann. „Deshalb ist es jetzt nicht so, dass alle Projekte, die hier versammelt sind und diskutiert werden, so umgesetzt werden können, wie man sich das vielleicht einmal vorgestellt hat.“

Steffen Zillich, Haushaltspolitiker der Linksfraktion, regt diese Argumentation auf. Natürlich könne man nicht damit rechnen, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen für jedes Projekt sofort Geld bereit stehe. Wer aber sage, man habe kein Geld für bestimmte Projekte, und gibt sie deshalb weg, kehre zurück zur Logik der alten Liegenschaftspolitik.

„Wir haben gelernt, dass Grundstücke es wert sind, auch für potenzielle Nutzungen beim Land Berlin zu bleiben“, sagt Zillich. „Ich will klarstellen, dass es nicht dazu kommen wird, dass etwas verkauft werden soll“, wehrt Heinemann für die Verbindlichkeits-SPD ab.

Letztlich stehen aber nicht nur Haushaltsbelange eigentlich geplanten Kulturstandorten auf Landesgrundstücken im Weg. Auch die Wohnungsbauabsichten des Senats tun ihr übriges. So etwa an der Osdorfer Straße im Steglitz-Zehlendorfer Ortsteil Lichterfelde.

Wohnungsbau schlägt Kulturstandort

Auf dem Grundstück in Landeshand sollte nach Willen der Vorgängerregierung aus SPD, Grünen und Linken ein Atelierhaus entstehen. Die zur Gewerbesicherung gegründete Genossenschaft „Eine für Alle“ sollte bauen und dafür für 60 Jahre das Erbbaurecht für das Grundstück erhalten. Im Dezember kippten CDU und SPD dann das Vorhaben. Im Gespräch ist nun eine Wohnnutzung.

Das Atelierhaus sollte wohlgemerkt aus privaten Mitteln finanziert werden. Nachdem im Januar 2023 der Erbbaurechtsvertrag geschlossen wurde, sei für die Planungen bereits eine knappe halbe Millionen Euro investiert worden, heißt es. Im Januar dieses Jahres sollte es eigentlich los gehen.

„Wir bitten sowohl die SPD und CDU, noch einmal in sich zu gehen“, sagt Frieder Rock von der Genossenschaft „Eine für Alle“. Denn: „Wir tun hier etwas, trotz gestiegener Baupreise, was das Land Berlin gewollt hat. Das Land Berlin hat dieses Grundstück ausgeschrieben, um ein Atelierhaus dort errichten zu lassen.“

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