Vortrag

Kapitalismus Klasse: Ein Konzept von Gestern für die Welt von Morgen?

Den Begriff «Klasse» verbinden viele mit brennenden Barrikaden und ewiggestrigen Marxist*innen. An gegenwärtigen Schauplätzen emanzipatorischer Politik – Klimawandel, strukturelle Gewalt, globale Ungleichheit etc. – scheint die Rede von «Klasse» oder «Klassenherrschaft» schlicht vorbeizugehen. Allerdings lässt sich auch eine Renaissance des Konzepts beobachten und es könnte sich herausstellen, dass klassentheoretische Ansätze vorschnell ad acta gelegt wurden. Mit der Reihe «Klasse – Ein Konzept von Gestern für die Welt von Morgen?» wollen wir das Konzept noch einmal prüfen: Ist es wirklich im Kern hoffnungslos veraltet und sollte neuen theoretischen und kritischen Konzepten weichen? Oder lässt sich mit diesem traditionsreichen Begriff auch Licht in aktuelle Krisen und Konflikte bringen? Hat er noch immer gesellschaftskritisches Potenzial? Brauchen wir den Begriff in emanzipatorischer Absicht vielleicht sogar? Unter vier Gesichtspunkten möchten wir den Klassenbegriff, seine theoretischen Bezüge und sein Aktualitätspotenzial zur Diskussion stellen: Wir möchten, erstens nach Klasse als ökonomie- und sozialtheoretischem Begriff im Rahmen einer Theorie kapitalistischer Vergesellschaftung fragen. Welche Strukturen erfasst der Klassenbegriff und gibt es diese noch? Oder, anders gefragt: Brauchen wir «Klasse» für eine Gesellschaftstheorie? Zweitens fragen wir nach dem phänomenologischen, erfahrungstheoretischen und diagnostischen Gehalt des Konzepts: Welche Rolle spielt es im Zusammenhang der Diagnose von Krisen und der Artikulation von Erfahrung und Leiden? Kurzum: Brauchen wir «Klasse» für eine Diagnose der Gegenwart? Wir wollen, drittens, diskutieren, welche (epistemischen und) normativen Dimensionen mit «Klasse» verbunden sind: Ist eine Klassengesellschaft notwendigerweise ungerecht, dysfunktional oder irrational? Und von welchem Standpunkt aus lässt sich das überhaupt feststellen? Mit anderen Worten: Brauchen wir «Klasse» für die Kritik bestehender Verhältnisse? Viertens geht es uns auch um das praktische – ja sogar: revolutionäre – Potenzial von «Klasse»: Wie hilft es uns, politische Subjekte und emanzipatorische praktische Tätigkeit nicht nur zu beschreiben, sondern voranzubringen? Oder schlicht: Brauchen wir «Klasse» für die Revolution? Mithilfe dieser Fragen möchten wir dazu anregen, über die Implikationen eines veraltet anmutenden Begriffs im Hinblick auf aktuelle Herausforderungen neu nachzudenken, und im Dialog mit Ihnen Einsichten der Marx’schen Theorie aus der Mottenkiste holen.

Info
30.04.2022, 09:00 Uhr
Dauer: 00:30

Klassenzimmer

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Referierende

Peggy H. Breitenstein
Philosophin an der Uni Jena
Danilo Gajic
Philosoph an der Uni Jena
Yann Schosser
Philosoph an der Uni Jena

Moderierende