Es gibt das soziale Schicksal, das einer Person ihren Platz in der Gesellschaft zuweist. Und es gibt die Bildung, mit der die Person auf die soziale Zuweisung antworten kann. In welche Welt sie auch geboren wird, Bildung kann das Ticket in andere Welten sein. Soziale Zwänge beschränken die Möglichkeiten, doch Bildung kann diese Schranken aufweichen. Bildung ist der prinzipiell für alle gangbare Weg aus der Unmündigkeit, aus der Abhängigkeit, aus der Unfreiheit, der Ausweg aus Armut, die universelle Chance auf ein besseres Leben. Bildung kann aber auch schmerzliche Erfahrung sein, ein gesellschaftlich Trennendes zwischen Kindern aus unterschiedlichen Häusern oder als individuell Trenndendes zwischen altem und neuem Leben, von der eigenen Familie, dem Ursprungsmilieu, den Kindheitsfreunden. Bildung gibt der Gesellschaft einen Grund zu hoffen: als Grundpfeiler ihres egalitären Selbstverständnisses, als Wundermittel gegen soziale Probleme, als Kleber des gesellschaftlichen Zusammenhalts, als Motor des menschlichen Fortschritts. Aber wie viel kann Bildung überhaupt leisten? Und sollte Bildung nicht ohnehin Selbstzweck statt Mittel sein? Als „Mythos“ beschreibt Aladin El-Mafaalani in seinem neuen Buch das Konstrukt Bildung. Aber ist damit schon alles gesagt?